Sächsische Zeitung, 17.03.2006

von Marco Mach

Nach dem Bürgerentscheid am vergangenen Sonntag in Reinhardtsdorf-Schöna in der Sächsischen Schweiz, bei dem die Einwohner einer Fusion mit dem benachbarten Bad Schandau eine klare Absage erteilten, rückt nun die Bürgermeisterwahl immer mehr in den Blickpunkt. Am Mittwochabend hat die Wählervereinigung 94 den ersten Kandidaten offiziell nominiert – Olaf Ehrlich, einen 37-jährigen Gastwirt aus Schöna.

Doch er wird nicht der Einzige bleiben. Zwar überlegt die CDU, ob sie ihren Mann, Klaus Heidrich, überhaupt noch ins Rennen schickt, weil der aus Schandau kommt und genau die am Sonntag abgewählte Fusion verkörpert. Aber daneben sammeln zurzeit zwei weitere Parteilose – noch ein Gastwirt und ein Diskjockey – Unterstützerunterschriften, um zur Wahl am 23. April antreten zu dürfen.

Ob die NPD in dem kleinen Ort vor der tschechischen Grenze, in dem sie bei den letzten Wahlen ihre Spitzenergebnisse einfuhr, einen eigenen Kandidaten aufstellt, ist weiter offen. Obwohl jeder erwartet, dass sich die Partei diese Chance nicht entgehen lässt, will sich diese laut ihrem Vize-Landes- und Kreis-Chef in der Sächsischen Schweiz, Johannes Müller, erst auf einer Versammlung am 26. März entscheiden. Das ist ein Tag vor Ende der Nominierungsfrist. Man habe Zeit, sagt Müller. Und will wohl mit der Hinhalte-Taktik die politischen Gegner verunsichern.

Doch das Abwarten scheint auch einen anderen Grund zu haben: Der NPD fehlt der willige Mann vor Ort. Wunschkandidat von Kreis-Chef Müller ist Michael Jacobi. Der NPD-Gemeinderat und 53-jährige Klempnermeister hat jedoch bisher eine Kandidatur ausgeschlossen – mit dem Hinweis, dass er beruflich zu sehr eingespannt sei und ein NPD-Bürgermeister dem Ort nur schaden würde. Knickt Jacobi noch ein oder findet sich ein anderer? Müller könnte sich auch vorstellen, einen Parteilosen zu unterstützen. Doch zumindest die zwei neuen Unterschriftensammler haben wie Kandidat Ehrlich gegenüber der SZ bereits geäußert, Distanz zur NPD halten zu wollen.

Offen ist auch, inwieweit die NPD bei der Wahl Profit aus den Ereignissen der letzten Wochen ziehen könnte. Denn erst durch eine Unterschriftenaktion der rechtsextremen Partei zum Erhalt der Selbstständigkeit wurde der Bürgerentscheid herbeigeführt. Sicher hat die NPD dadurch weitere Sympathisanten gewonnen. Aber bisher wählten auch in Reinhardtsdorf-Schöna immer drei Viertel der Einwohner demokratische Parteien.