Am 13.06.2004 erreichte das Nationale Bündnis Dresden bei den Kommunalwahlen 4,0 % und ist damit ab sofort mit 3 Stadträten im Dresdner Rathaus vertreten. Mehr Infos über die gesamte Kommunalwahl und die Reaktionen auf die Ergebnisse gibt es hier!!!Die Wahlprognosen für das Nationale Bündnis Dresden vor dem 13.06.04 waren nicht sehr vielversprechend. Die nicht - repräsentativen Umfragen, welche es vor den Wahlen gab (z.B. Sächsische Zeitung oder Dresdner Neueste Nachrichten) bescheinigten dem NBD maximal 2 %. Man konnte also davon ausgehen, dass das Rechtsaußenbündnis realistische Chancen auf vielleicht einen Sitz im Dresdner Stadtrat hatte.
Der Wahlabend sollte allerdings alle Hoffenden eines besseren belehren. Es waren 4,0 % der Dresdner WählerInnen, welche ihre Stimme einem offen rassistischen und antisemitischem rechten Wahlbündnis gaben. Insgesamt 20.564 mal wurde das Kreuz beim NBD gesetzt, wobei jeder Wahlberechtigte 3 Stimmen abgeben konnte. Das bedeutet das mindestens 6800 wahlberechtigte Dresdner BürgerInnen nicht davor scheuten Personen in den Stadtrat zu wählen, welche andere Menschen nur auf Grund ihrer Herkunft oder ihrer Religionszugehörigkeit aus der Gesellschaft ausgrenzen.
Das Wahlergebnis der Kommunalwahlen 2004 in Dresden ist erschreckend, aber trotzdem nicht überraschend. Die politisch Verantwortlichen in der sächsischen Landeshauptstadt haben seit Jahren die Anzeichen für einen immer stärker werdenden rechten Rand übersehen. Keine Stadt in der Bundesrepublik kann so viele Neonazi - Demonstrationen pro Jahr vorweisen wie Dresden (anläßlich des Jahrestages des Luftangriffs auf Dresden im 2. Weltkrieg marschierten am 14.02.2004 ca. 2000 Neonazis durch Dresden, angemeldet war diese Demonstration von den NB - Kandidaten Alexander Kleber und Ellie Dobberstein). Ein trauriger Rekord. Man brüstet sich in dieser Stadt öffentlich damit, die Naziaufzüge "rechts liegen zu lassen" und zu ignorieren, ohne dabei zu bemerken, das man dadurch längst zu einem sehr einladenden Aufmarschgebiet für Neonazis aus Ost und West geworden ist. Wenige Wochen vor den Kommunalwahlen löste sich ein zur Selbstdarstellung verkommendes zivilgesellschaftliches "Dresdner Bündnis gegen Rechts" auf. Von den 45,9 % der wahlberechtigten DresdnerInnen, welche am 13.06.04 an die Wahlurne traten, konnten 4,0 % von der rechten Propaganda überzeugt werden. Im Stadtteil Gorbitz (Wahlkreis 13) waren es 6,3 % der Wähler, welche sich für das Nationale Bündnis entschieden. In Gorbitz - Nord / Neu - Omsewitz votierten gar 12,54 % für die Neonazis. Betrachtet man den enormen Aufwand den das NB im Wahlkampf betrieben hat und zieht man einen Vergleich zu anderen sächsischen Kommunalparlamenten (z.B. Chemnitz oder Sächsische Schweiz) so kann man fast noch von Glück reden, das die Neonazis in Dresden "nur" 4 % erreichten. Der Grund hierfür war der kontinuierliche außerparlamentarische Druck, welcher von einzelnen antifaschistischen Gruppen aufgebaut wurde und dem NBD das bürgerliche Antlitz nahm. Mit Erklärungen für den Wahlerfolg der Rechtsextremisten sparte man in den Tagen nach dem Wahlwochenende nicht. So konnte man in der lokalen Presse davon lesen, das Dresden doch noch sehr gut weggekommen sei, angesichts der Wahlergebnisse im angrenzenden Landkreis Sächsische Schweiz, wo die NPD mit 9,1 % in den Kreistag einzog und in einzelnen Gemeinden mit über 20 % sogar zweitstärkste Kraft wurde. Der Dresdner Politikwissenschaftler Prof. Werner Patzelt sieht den Grund für die Wahlergebnisse der Neonazis lediglich darin, dass von unzufriedenen Wählern "Protest gegen die politische Klasse" zum Ausdruck gebracht wurde. In Sachsen gebe es von Seiten der Rechtsextremisten seiner Argumentation zu Folge nur "kleinere Festungen, die wieder eingenommen werden können". Das in Sachsen die NPD und ihre Ableger, wie das Nationale Bündnis Dresden jedoch kontinuierlich Stimmenzuwachse feiern können scheint er zu übersehen. So konnte die NPD in allen Wahlkreisen, wo sie bereits mit Abgeordneten in Parlamenten vertreten war (Kreis - und Gemeindeebene) starke Stimmenzuwachse verbuchen, welche zu einer Etablierung und Normalisierung ihrer Anwesenheit in den jeweiligen Städten und Gemeinden führen. Anstatt diese Entwicklung als ein gesellschaftliches Problem zu begreifen und zu bekämpfen wurde in den Tageszeitungen der Landeshauptstadt dazu aufgerufen " ...die Strukturanpassungsprobleme im Osten zu lösen. Sobald es keines Protestes mehr bedarf, werden die Rechten nicht mehr so relativ stark abschneiden." Hätten die Dresdner WählerInnen ein Interesse daran gehabt, durch eine Protestwahl die etablierten Parteien für eine schlecht empfundene Politik abzustrafen, so gab es auf dem Wahlzettel die Auswahl zwischen 4 verschiedenen nicht - parteilichen Wählervereinigungen. Wer bei diesem Angebot sein Kreuz trotzdem beim Nationalen Bündnis gesetzt hat, der hat dieses getan, weil er von den Argumenten der Neonazis überzeugt war. Um weiteren Wahlerfolgen der NPD / NBD in den nächsten Jahren entgegen zu wirken, empfiehlt der bereits zitierte Prof. Patzelt in der Sächsischen Zeitung die CDU müsse die Neonazis "aufsaugen", in ihren rechten Flügel integrieren und mehr "nationale Rhetorik bedienen". Immer wieder wurde in den Diskussionen und Analysen nach den Wahlen auf die guten Ergebnisse der PDS verwiesen, welche sehr oft mit den Neonazis gleichgesetzt und als das linksextremistische Pendant zur NPD & Co. betrachtet wurde. Mit einer solchen Argumentation schafft man Akzeptanz für die Nazis und spielt die Gefahr, welche von faschistischem Gedankengut ausgeht wissentlich herunter. Doch damit nicht genug. Am 26.06.2004 stellte die Sächsische Zeitung ihr Leserforum unter die Frage "Was tun gegen Rechtsextremismus?" und lieferte damit einen erschreckenden, weil wahrscheinlich sehr realistischen Querschnitt der bürgerlichen Meinung. Während sich die Mehrheit darin einig ist, das die Wahlergebnisse von NPD & Co lediglich ein Ausdruck des Protestes waren, die deutsche Öffentlichkeit in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus "überreagiert", bzw. "negativ übertreibt" und man doch endlich einen Schlußstrich bezüglich der deutschen Geschichte ziehen sollte wird auch offenes neonazistisches Gedankengut unkommentiert abgedruckt. "Es muß den Ausländern ehrlich gesagt werden, daß Deutschland nicht mehr reich ist." steht neben den verschwörungstheoretischen Auswüchsen eines SZ - Lesers, welcher die "Zöglinge" der "archaisch" Deutschland - hassenden 68er an den "Schaltstellen von Politik, Medien und Gewerkschaften" sieht und sich fragt warum "jedes gesunde Empfinden für Volk und Land als rechtsextremistisch zu bewerten ist". Bei der Nachbetrachtung dieser Wahlen wird somit exemplarisch deutlich wie der in Großteilen der deutschen Bevölkerung vorhandene latente Rechtsextremismus unübersehbar zum Ausbruch kommen kann. Die gesellschaftlichen Entwicklungen seit der deutschen Vereinigung, vorallem in Bezug auf den konsequenten Weg der deutschen Politik in Europa und der Welt wieder mitreden zu wollen und der staatlich betriebenen Einteilung der Menschen in "Zuwanderer die uns ökonomische Vorteile bringen" und "Wirtschaftsflüchtlinge" hat dazu geführt, das es nicht mehr ausreichen kann Neofaschismus hinter bürgerlichen Fassaden öffentlich zu entlarven. Die Denkmuster von einem völkischen Gemeinschaftsbewußtsein und das Vorhandensein einer obrigkeitsstaatlichen Untertanengesinnung sind in großen Teilen der deutschen Bevölkerung nie richtig ausgestorben. Wenn man ihre Auswüchse nicht schon sehr früh erkennt und bloß stellt, dann können sie relativ schnell den Status einer gewissen Normalität erlangen und sich ungestört weiter entwickeln. Die Neonazis wurden nicht gewählt, weil man nichts von ihren menschenverachtenden Zielen wußte, sondern weil man deren Ziele in der deutschen Bevölkerung wieder offen gut finden möchte. Es liegt an jedem selbst, ob er sich dieser Realität verschließen möchte oder es nicht zuläßt, das menschenverachtende Ideologien wieder Einzug halten in die Mitte der Gesellschaft.
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