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veröffentlicht am Sonntag, 30. Januar 2011, 15:17 Uhr
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Ostsachsen Sächsische Zeitung, Samstag, 29. Januar 2011

Von Frank Oehl
Dieser Tage flattert ein großer Hochglanz-A3-Flyer in die Kamenzer Briefkästen. Darin meldet sich eine „Bürgerinitiative direkte Demokratie“ zu Wort, der der Stadt- und Kreisrat Mario Ertel (NPD) ein Gesicht gibt. Der Flyer sorgt für Aufregung, was offenbar beabsichtigt ist. Die SZ beantwortet erste Fragen zum Thema.

Was will die Bürgerinitiative erreichen?

Sie führt ein „Bürgerbegehren“ durch, das in einen „Bürgerentscheid“ münden soll und beruft sich dabei auf Paragraf 25 der sächsischen Gemeindeordnung und Paragraf 16 der Hauptsatzung der Stadt. In Kamenz müssten zehn Prozent der Wahlberechtigten den Bürgerentscheid mit ihrer Unterschrift fordern.

Was ist Gegenstand des Bürgerbegehrens?

Die Ertel-Initiative will einen Stadtratsbeschluss vom 15. Dezember aufheben lassen. Damals hatte der Stadtrat – mit nur einer Gegenstimme – den Bebauungs- und Nutzungsplan so geändert, dass auch ein zentrales Asylbewerberheim in Kamenz errichtet werden kann. Die „Bürgerinitiative“ suggeriert jetzt, dass mit einer möglichen Aufhebung des Beschlusses der Bau des Asylbewerberheimes „in letzter Minute“ verhindert werden könne.

Wer befindet über die Entscheid-Zulässigkeit?

Der Stadtrat. Er ist an gesetzliche Fristen und Formen gebunden. Ein Kriterium ist, ob der Bürgerentscheid in sogenannte „Weisungsaufgaben“ eingreift. Dies wäre dann ausgeschlossen. Die Unterbringung von Asylbewerbern ist eine staatliche Pflichtaufgabe, die dem Landkreis Bautzen übertragen wurde. „Dabei haben die Kommunen mitzuwirken“, so Kreisdezernent Geert Runge. Dies bedeute auch, dass sie für den Landkreis Planungsrecht herzustellen haben.

Was steht hinter dem Antrag der „Bürgerinitiative“?

In der für ein Begehren notwendigen Begründung wird der Asylbewerberheimbau am Flugplatz abgelehnt. Es gebe „erhebliches Gefährdungspotenzial in das Umfeld“ und das Heim beeinträchtige die Nutzung angrenzender Grundstücke. Der jetzige Bebauungsplan spare Kosten und ermögliche die sinnvolle Nutzung des Areals, heißt es.

Welche „sinnvolle Nutzung“ schwebt der Initiative vor?

Dem Flyer ist ein Werbeblatt des privaten Investors Jörg Mietz beigelegt. Er plant einen „Bildungs- und Erholungspark Hirschaue Kamenz“. Das erweiterte Wildgehege-Konzept hat bisher kaum Beachtung gefunden, weil es z. B. die weitere Entwicklung des Flugplatzes behindert, wie der Geschäftsführer der Flugplatzbetriebsgesellschaft schon mehrfach betonte. Auch habe Herr Mietz bisher nicht nachgewiesen, „dass er die von ihm geplanten 500000 Euro für sein Vorhaben auch nur im Ansatz aufbringen kann“, heißt es im Rathaus.

Worum geht es der

Initiative in Wirklichkeit?

Sie lehnt das zentrale Asylbewerberheim in Kamenz insgesamt ab – das Bauleitproblem an der Polizeischule wird nur vorgeschoben. Dazu müsste der entsprechende Kreistagsbeschluss angefochten werden. „Dies ist fristgemäß nicht mehr möglich“, so Kreisdezernent Runge. Im Übrigen liege das Quorum im Landkreis für ein Bürgerbegehren höher – nämlich bei 15 Prozent.

Kann ein Bürgerentscheid das Asylheim verhindern?

Nein. Selbst, wenn das Bürgerbegehren in Kamenz erfolgreich wäre und danach tatsächlich mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten im Bürgerentscheid der „Bürgerinitiative“ folgten, kann der Landkreis an seinem Grundsatzbeschluss festhalten. „Wir haben in Kamenz genügend Ausweichstandorte“, so Runge. In der Gartenstraße bestünde schon jetzt Planungsrecht für einen Ausbau, und auch das kreisliche Grundstück in der Elsteraue oder andere Flächen – zum Beispiel am Siedlungsweg – böten sich nach wie vor an.

Wie sehen Kamenzer Räte Den Vorstoss der Initiative?

Äußerst kritisch. Die Fraktionsvorsitzende der Linken, Marion Junge (MdL) sieht „rassistische und ausländerfeindliche Motive“ hinter den Zielen der Ertel-Initiative. „Der Schutz von Flüchtlingen ist kein Gnadenakt, sondern internationales Recht.“ Man habe dem Umbau der Polizeischule „aus humanistischen Gründen zugestimmt“, weil die Lebensbedingungen in den Heimen in der Gartenstraße und in Seeligstadt menschenunwürdig geworden sind. Aufeinander zugehen, miteinander reden, Fremdheit überwinden – dies sei einer toleranten Lessingstadt würdig. „Kamenzer, lasst Euch nicht betrügen“, mahnt die Wählergemeinschaft Kamenz und Ortsteile. „Jede Unterschrift ist ein Schlag gegen den Ruf unserer Heimatstadt“, so z.B. Bernd Goldammer. Auch das Wildgehege- „Alternativkonzept“ habe man gründlich geprüft und als unsinnig abgelehnt. „Das Ergebnis wäre nur eine weitere Investruine am Ortseingang.“Auf ein Wort


 
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