Landtagssitzung vom 09.-11.11.2005.

Am 9.November fand auf Antrag der CDU/SPD eine Aktuelle Debatte unter dem Motto „Aufbruch in die Republik - Tag der Schande - Tag der Freiheit" statt. Mit wehenden Fahnen wollte Jürgen W. Gansel an diesem aufgeladenen Thema die Chance nutzen, den oft herbei geredeten Volkssturm zu eröffnen, im Sitzungssaal rhetorisch verpackt als “friedliche deutsche Vokserhebung”. Der positive Bezug auf die Reichskristallnacht 1938 musste dabei wohl aufgrund der bisherigen parlamentarischen Äußerungen der NPD nicht erwähnt werden. Als einzige Fraktion kann sich die NPD daher mit einer naiven Nicht-Erwähnung rühmen.
Führen Gansel und Apfel die Diskussion nicht im direkten Bezug auf den Nationalsozialismus, kämpfen sie um ihre Interpretation von Wende und Wiedervereinigung. Die “wirkliche deutsche Volksherrschaft” wäre 1989 durch die “westliche Klasse verraten”, nun befände man sich in einer “geistigen Rheinbund-Republik”. Die Angst der Mächtigen vor dem Volk hätte verhindert, dass eine Vielzahl plebiszitäre Elemente ins neu erstandene Deutschland eingebracht wurden - eine politische Entmündigung, so Gansel. Die im Zuge der Wiedervereinigung, die er grundsätzlich als den Aufbruch der Mitteldeutschen bezeichnet, unterzeichneten Ostverträge wären, so Gansel, ein Verzicht auf deutsche Ostgebiete. Im NPD-Slang würde hier wahrscheinlich auch gleich der lange Finger verschwörungstheoretisch auf die vermeintliche Hörigkeit gegenüber den Alliierten weisen, wäre es ein Parteitag.

Am 10. November brüstete sich die NPD mit einem Antrag zur Implementierung der Nationalhymne im Schulunterricht. Holger Apfel schloss an Jürgen Gansels Redebeitrag vom Vortag an. Nach dem Mauerfall wiedervereinigte das Volk sich in seinem westliche und mittleren Teil hat.
Greift man, wie Rösslers Patriotismuspapier zum CDU-Landesparteitag, die Ideen der NPD auf, gelange man zu einem neurosefreien Politikverständnis. Apfel versteht darunter wohl das antisemitische Engagement der NPD am 9. November 2001, als die Weihe der Dresdner Synagoge durch Neonazi-Transparente und -Flyer gestört wurde. Oder 2004, als das Nationale Bündnis Dresden mit Postwurfsendungen gegen den Libeskind-Entwurf für das Militärmuseum hetzte. Nicht zuletzt blüht die Phantasie des Revisionismus vor allem am 13.Februar, wenn in der traditionellen TäterInnen-Opfer-Verdrehung vom “Bombenholocaust” die Rede ist. Dort sucht die sächsische NPD den inhaltlichen Anschluss mit der deutsche Opferrolle, den sie verschwörungstheoretisch als wagemutigen Tabubruch verstehen. Diese Mütze wird nun auch Rösslers Patriotismuspapier übergestülpt. Allein schon durch die körperliche Anwesenheit sehe sich die CDU, laut Apfel, zum Patriotismus genötigt. So soll denn mittelbar wahr werden, was vorgestern schon wahr war. Und außerdem gilt – und hier kreierte Apfel einen wunderschönen Spruch für den nationalen Kalender 2006: ”Entscheidend für's Volk ist nicht, wer das Richtige tut, sondern dass es getan wird und man nicht zwischendurch vor linken Kräften einknickt”. Denn wenn man das gebrochenes Verhältnis zur Sache selbst überwindet, kann man seine “Kräfte für ein einiges deutsches Reich einsetzen”, so der Nationalist Holger Apfel.
Am Ende der Debatte konterte die NPD nur noch inhaltsfreier mit persönlichen Beleidigungen, vorrangig in Richtung der unwilligen Kampfgenossen der CDU. Jürgen Gansel kommentierte die anschließende Diskussion damit, Fritz Hähle (CDU) hätte das “Rückgrat einer Amöbe”, irgendwo schwamm auch noch ein frischer Aal bis es dann endlich zur ausschließlichen Ablehnungsbekundung in der von der NPD geforderten namentlichen Abstimmung kam.