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spacer.gif   Pack schlägt sich, Pack verträgt sich - NPD und "freie Kräfte" in Sachsen
veröffentlicht am Mittwoch, 27. September 2006, 16:19 Uhr
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NiPrint 2006 Es ist ein zwiespältiges Verhältnis zur NPD, welches die Neonazis haben, die nicht in der NPD beziehungsweise in deren unmittelbaren Umfeld organisiert sind.

Zum Text.

Während die einen sich "angekommen" wähnen, in den Schaltzentralen der Macht, respektive Sächsischer Landtag, und dabei den Wahlerfolg als Bestätigung sowohl ihres politischen Kurses als auch ihres Auftretens, also quasi als eine nachträgliche Legitimation begreifen, werfen die anderen genau das der NPD vor, sie sei zu keiner "fundamentalen und revolutionären Systemopposition" willens und fähig und damit "systemimmanent und nicht systemoppositionell", geschweige denn revolutionär.

Das trifft natürlich die Achillesferse der NPD, ist das Selbstverständnis als einzige wirklich oppositionelle Kraft im Landtag doch allgegenwärtig und verinnerlicht.

Schon vor der Landtagswahl 2004 in Sachsen, die strategisch immer nur der erste Schritt hin zu anderen Landesparlamenten sein sollte, erkannte die NPD die Notwendigkeit, "freie Kräfte", also parteiungebundene Neonazis aus dem Kameradschaftsspektrum einzubeziehen, um schlussendlich erfolgreich zu sein.
Hierzu wurden verschiedene Stoßrichtungen verfolgt.
Allerorten wurde die "Volksfront von rechts" nicht nur als Bündnis mit anderen rechten Parteien wie der DVU, sondern auch als Bündnis mit nichtparteilichen Gruppierungen und Aktivisten propagiert.
Der Parteivorsitzende Udo Voigt stellte dabei den Führungsanspruch der NPD nie in Frage, betonte ihn stattdessen, oft zum Unwillen der "freien": Die NPD meine es ernst mit dem "Schulterschluß aller volkstreuen Deutschen" und sei bereit "Parteiinteressen zum Wohl des großen Ganzen zurückzustellen". "Jedem Aktivisten sollte daher klar sein: Wer wirklich die Einheit der Nationalen anstrebt, kann dies nur mit und innerhalb der NPD verwirklichen." [1]
Der Führungsanspruch wurde bekräftigt durch eine neue vierte Konzeptsäule der Partei. Neben dem "Kampf um die Straße, dem "Kampf um die Köpfe" und dem "Kampf um die Parlamente" trat der "Kampf um den organisierten Willen" - eine Umschreibung für den Kampf um die Hegemonie und Meinungsführerschaft im neonazistischen
Lager. [2]

Einige bundesweite Kader der Kameradschaftsszene folgten dem Aufruf der NPD. Auch angelockt von versprochenen Posten und Funktionären traten sie der NPD bei. So wurde beispielsweise Thomas "Steiner" Wulff aus Hamburg in den Bundesvorstand der NPD aufgenommen und forderte prompt im August 2004 in einem "Aufruf an alle freien Nationalisten": "Es kommt jetzt auf uns an, Kameraden! Egal, ob in der Partei organisiert oder in freien Zusammenhängen arbeitend - Helft im sächsischen Wahlkampf - Helft siegen!"
Diesem Aufruf wurde Folge geleistet und so beteiligten sich viele Neonazis an dem aufwändig betriebenen Wahlkampf in Sachsen. Sie halfen bei Plakatieraktionen, Infoständen und Veranstaltungen tatkräftig mit - sicher auch in der Hoffnung, nach der erfolgreichen Wahl entlohnt zu werden.
Dass diese nach der Wahl zumeist enttäuscht wurde, lag nicht zuletzt an der Unwissenheit über finanzielle Vorgänge im Parlament. Die Vorstellung, nun stünde der NPD-Fraktion jeden Monat eine große Summe Geld zur freien Verfügung, erfüllte sich so nicht. Einzelne Aktivisten, die noch am Rande zum Spektrum der "freien Kräfte" gezählt werden konnten, bekamen Posten bei der NPD. So Thomas Rackow, der als Gründungsmitglied der SSS verurteilt worden war und inzwischen Funktionär der Jungen Nationaldemokraten ist. Damit einher ging eine ständig schwelende Kritik an Rackow und die NPD als solche. Geäußert wurde und wird sie in Sachsen vorrangig aus dem Umfeld der Dresdner Szene, die sich um Personen wie Ronny Thomas und Maik Müller gruppieren. Sprachrohr sind hier das Internetportal "freie-offensive" genauso wie die zumeist monatlich erscheinenden "Freien Rundbriefe", die es in verschiedenen Regionen gibt.

Der Hauptvorwurf, der seit der Landtagswahl aus den Kreisen der "freien Nationalisten" gegen die NPD vorgebracht wird, wiegt schwer. Sie habe sich vom Volk entfernt und sei zum "Besitzstandswahrer der Parteipfründe" geworden. So schreiben im Internetportal "freie-offensive" Neonazis: "Entgegen einigen Teilen der Partei sind wir nicht der Auffassung, dass sich kontinuierliche politische Erfolge ausschließlich durch Stimmungsmache und populistische Parolen erreichen lassen. Vielmehr muss dieser Erfolg hart erarbeitet und erkämpft werden. Unsere gemeinsamen Ziele und Alternativen - sofern man denn welche anzubieten hat - müssen ins Volk ( nicht Bevölkerung ) hineingetragen und da verankert werden. Stimmungen können sich allzu schnell ändern - und dann?"
Die "freien Kräfte" sehen sich selbst als den alleinigen dynamischen Teil der Szene. Sie sind aktionistisch und nicht zuletzt aufgrund des Alters erlebnisorientiert und wollen schnell sichtbare, wenn auch kleine, Erfolgserlebnisse. Sie wollen "in ihrer Diktion - nicht auf Parteiveranstaltungen Reden schwingen, sondern die Missstände im und aus dem Volk direkt benennen und ihre Lösungsvorschläge äußern. Entsprechend sind sie verhältnismäßig agil, ermöglicht durch einen hohen und verbindlichen gleichzeitig aber subkulturellen Zusammenhalt. Sie führen zunehmend nicht öffentlich angekündigte spontane Aktionen durch, wie Flugblattverteilungen und Kundgebungen. Wenn auch die Zustimmung der Bevölkerung dabei zumeist nur in ihrer eigenen Wahrnehmung so überzeugend existiert, schaffen sie für die Binnenwirkung bleibende Erlebnisse.
Der Gruppenzusammenhalt und das Bewusstsein um den eigenen elitären und revolutionären Anspruch schweißen enger zusammen und ermöglichen auch die Umsetzung weiterer Ideen.
Die NPD dagegen wird als reaktionär und altbacken empfunden. Ihre ideologischen Zielstellungen seien zwar prinzipiell richtig aber nicht radikal und offensiv genug formuliert und umgesetzt. Der eigene Parlamentarismus der NPD habe zu einer bestimmten Art von "Angepasstheit" geführt.

Weder für die NPD noch für die "freien Kräfte" sind diese Streitereien besonders bedrohlich. Vielmehr nutzen sie langfristig beiden Seiten. In der Abgrenzung gegenüber dem anderen schärfen sie die eigene Identität und ihr Profil und werden so interessant für immer weitere Wählerund Aktivistenkreise. Auf dem braunen Misthaufen findet so jeder seine eigene Stecknadel.
Während die eher jüngeren auf der Straße und in den jugendlichen Lebenswelten, den neonazistischen Mainstream verbreiten und immer weiter subkulturell ausdifferenzieren, bieten sie gleichzeitig erlebnisorientierte aktionistische und gleichfalls politische Freizeitbeschäftigungs- und Engagementmöglichkeiten. Während sie klandestin vorbereitete und konspirativ durchgeführte Neonazikonzerte bieten, stellt die NPD für die eher Älteren beziehungsweise der jugendlichen Sturm und Drangphase entronnenen legale Konzerte mit Volksfestcharakter.

Das von Auseinandersetzungen geprägte Verhältnis des sich vollziehenden Übergangs von rechten und neonazistischen Subkulturen zu einer eigenen nationalistischen, rassistischen und neonazistischen Bewegung, die Schnittstellen und Rückzugspunkte in alle Bereiche der Gesellschaft umfasst und sich aus und mit ihnen speist, ist trotz allem ein gefährlicher Dualismus. In der ständigen Abgrenzung zum gegenüber findet auch eine ständige Radikalisierung statt.
Diese ist derzeit bei den "freien Kräften Sachsen" zu beobachten. Sie gehen zunehmend dazu über, militantes, offensives und aggressives Vorgehen mit neuen und für sie ungewohnten Aktionsformen zu kombinieren. [5]
Dabei unbeachtet findet im Hintergrund eine fortschreitende konspirative Organisierung der sachsenweit Aktiven statt. Maßgeblich verantwortet wird diese vom Dresdner Toni Beger. Der langjährig aktive Neonazi bemüht sich stark im Hintergrund zu bleiben. Dabei zählt er zu den wichtigsten Veranstaltern von Neonazikonzerten in Sachsen. Die dabei eingenommenen beträchtlichen finanziellen Mittel, fließen wieder in den Aufbau und Unterhalt der eigenen Strukturen zurück.
Die gestiegene logistische Unabhängigkeit und der gewachsene Radios an Aktionsmitteln dienen als Selbstbestätigung der "freien".
Es fördert und bestärkt sie zugleich in dem Drang der authentischere, der radikalere und der schlussendlich revolutionäre und deshalb wichtigste und elitäre Teil der Bewegung zu sein. Ein Widerspruch zum Führungs- und Alleinvertretungsanspruch der NPD.


Fußnoten:

1 - Voigt, Udo: Spaltung des nationalen Lagers überwinden – Jetzt NPD!, in Deutsche Stimme vom 01.04.2004

2 - Voigt, Udo in seiner Rede während des NPD Bundesparteitages am 30./31.10.2004 in Leinefelde.

3 - Wulff, Thomas: Aufruf an alle freien Nationalisten, 25.08.2004

4 - Freie-Offensive: Ein Kommentar zum Interview mit Dirk Abraham (NPD), 27.07.2006

5 - So protestierten beispielsweise „freie Kräfte“ „lieber nackt als im Pelz“ gegen Pelzhandel in Dresden. Vgl. Freie-Offensive: Dresden – offensive Aktion gegen Pelzhandel, 28.05.2006


 
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