Die NPD bleibt auch ohne parlamentarische Erfolge bei den Sachsen beliebt und arbeitet fleißig an der Überwindung der 10-Prozent- Marke.
Bericht zu den Aktivitäten der Landtagsfraktion im Sommer 2007 und zur Landtagssitzung im September.
Oben auf
Die parlamentarische Sommerpause hat die NPD- Fraktion im Sächsischen Landtag bestens überstanden. In einer repräsentativen Umfrage des Forsa-Instituts erhielten die Neonazis eines ihrer höchsten Umfrageergebnisse im Freistaat Sachsen und liegen als drittstärkste Kraft mit über 9 % der Stimmen vor der SPD.
Glaubt man den Umfragewerten in der Vergangenheit, so besitzt die NPD in Sachsen ein Stammwähler_innenpotenzial von circa 6 %. Bei Wahlen lag sie in letzter Zeit stetig über ihren Umfrageergebnissen. Die Korruptionsaffäre um Geheimakten des Sächsischen Verfassungsschutzes, sowie der Notverkauf der bankrotten sächsischen Landesbank scheinen den Neonazis neue Wähler_innen zu verschaffen. Wer sich für eine rassistische, neonazistische Partei entscheidet, kann jedoch auch schon vor diesen Skandalen als potenzielle_r NPD-Wähler_in gelten.
Der NPD-Abgeordnete Johannes Müller wird als Mitglied des Untersuchungsausschusses zur Geheimdienstakten-Affäre zukünftig hervorragende Einblicke in die Arbeitsweise des Sächsischen Verfassungsschutzes erhalten. Die NPD startete somit selbstbewusst in das vierte Jahr ihrer Parlamentsmitgliedschaft.
Für die auf Grund der Kreisgebietsreform vorgezogenen Kommunalwahlen in Sachsen im Jahr 2008 bereitet man sich auf Seiten der NPD bereits intensiv vor. Noch bevor der Landtag seine endgültige Zustimmung zur Kreisgebietsreform gab, welche von der NPD vehement abgelehnt wird, wurden u.a. der NPD- Kreisverband Meißen und Riesa-Großenhain zusammen gelegt.
Nur Deutsche sollen Opfer sein
Seit den rassistischen Angriffen eines Kleinstadt-Mobs auf acht Inder in der sächsischen Kleinstadt Mügeln versucht die sächsische NPD-Fraktion aus den Vorfällen politisch Profit zu schlagen. Nachdem die Ortschaft Titelthema der deutschen Presse war, verteilten die Neonazis Flugblätter in der Region. In einem Brief der NPD an die Bürger_innen drücken die Neonazis ihre Solidarität aus. Die Rede ist von Verdrehungen, Falschdarstellungen, Verdächtigungen, Vorurteilen und Schuldzuweisungen, in welchen die Journalist_innen „nach Belieben das Volk ´da unten´ beschimpfen, anklagen und verurteilen können“. Ziel der Medien sei nach Ansicht der NPD die Umerziehung und Entmündigung des „Volkes“. Holger Apfel ließ der indischen Botschaft in Berlin einen Brief an den indischen Ministerpräsidenten übergeben, in welchem der NPD-Fraktionsvorsitzende klarstellt, dass sich Mügeln nicht bei den indischen Menschen entschuldigen werde, da die „Gewalt nach dem bisherigen Ermittlungsstand von den indischen Staatsangehörigen ausging“. Insgesamt 150 Einzelfragen an die Staatsregierung formulierte die NPD zum Thema „Mügeln“, um die Antworten für ihre rassistische Propaganda ausnutzen zu können. Mit all diesen Aktionen versucht die NPD diejenigen zu erreichen, welche sich durch eine offensive Auseinandersetzung mit dem gesellschaftlichen Rassismus in Sachsen und anderswo belästigt fühlen oder sich selbst als Opfer einer angeblichen Medienkampagne darstellen.
Aktiv für Rechts
Zu Beginn des neuen Schuljahres waren die sächsischen Schulhöfe wieder einmal ein beliebtes Ausflugsziel von NPD-Kadern. Diesmal verteilten die Neonazis keine CDs, sondern die NPD-Schülerzeitung „Perplex“, nach NPD-Angaben in einer Auflage von 30.000 Exemplaren. Überraschend offensiv wird darin gegen Migrant_innen gehetzt und der demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik das Ende gewünscht. Die Schuld der Deutschen am Zweiten Weltkrieg wird geleugnet. Die Dresdner Staatsanwaltschaft hat die Verteilung auf Grund des Verdachtes der Verteilung jugendgefährdender Schriften vorerst gestoppt. Bei einer Verteilaktion vor einem Dresdner Berufsschulzentrum wurde u.a. gegen den NPD-Landtagsabgeordneten Jürgen Gansel ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Die deutsche Familie als Grundlage der Nation
In einer von der NPD beantragten Aktuellen Debatte „Ja zum `Eva-Prinzip`“ wurde einmal mehr das rückwärtsgewandte Familien-und Frauenbild der Neonazis deutlich. Zwar ist die Kinderbetreuung mittlerweile sogar aus Sicht der NPD durch Männer möglich, doch verteidigte die NPD-Abgeordnete Gitta Schüßler leidenschaftlich die vor einigen Wochen entlassende Fernsehmoderatorin Eva Hermann, welche durch anti-emanzipatorische Forderungen gegenüber Frauen und positive Aussagen gegenüber der Familienpolitik im Nationalsozialismus in die Schlagzeilen geriet. Mit völkischen Anleihen wurde gegen so genannten „feministischen Wahn“ gehetzt. Für die NPD ist die Familie in erster Linie Trägerin des biologischen Erbes. Getreu dem Parteiprogramm der NPD, in welchem bereits unter Punkt 2 nachzulesen ist: „Nationaldemokraten lehnen die jede Gemeinschaft gefährdende „Selbstverwirklichung“ und den mit ihr einhergehenden schrankenlosen Egoismus ab.“ wetterte man gegen eine Vereinbarkeit von frühkindlicher Betreuung und Ausübung eines Berufes und spricht von „Grundprinzipien, ohne die ein Volk nicht normal existieren kann“.
Pazifistische Taliban
In einem NPD-Antrag zum Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan versuchte Holger Apfel mit populistischen Gebaren das weite Feld von Kriegsgegner_innen in der Bundesrepublik zu bedienen. In seiner Rede wird aus fundamentalistischen Taliban- Kämpfern und Selbstmordkommandos die „einheimische Bevölkerung“, welche sich gegen einen „Angriffskrieg“ wehre. Verbrechen gehen seiner Meinung nach ausschließlich von den alliierten Truppen um die USA aus.
Endlich mal leugnen dürfen
Bundesweit findet derzeit eine Kampagne der NPD zur Abschaffung des Paragraphen 130 StGB ("Volksverhetzung") statt. Ebenso wie im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern wurde auch im sächsischen Landtag ein entsprechender NPD-Antrag gestellt. In diesem Antrag heißt es u.a. dass „Würde- und Achtungsanspruch der Opfer des NS-Regimes“ kein öffentliches Interesse zur Fundierung dieses Paragraphen darstellen. Die NPD sieht durch das Verbot der Leugnung des Holocaust oder das Verbot zum Hass gegen Teile der Bevölkerung anzustacheln die „Meinungsvielfalt im demokratischen Rechtsstaat“ gefährdet. Der NPD- Abgeordnete Gansel betitelte den Paragraphen in der Landtagssitzung sodann als „inländerfeindlichen Ausländerschutzparagrafen“ und ergoss sich in Hasstiraden gegen die angebliche Scheindemokratie. Lautstark wurde von einigen Parlamentarier_innen der Ausschluss des Ex-NPD-Abgeordneten Klaus Jürgen Menzel gefordert als dieser mit antisemitischen Äußerungen gegen Jüd_innen hetzte und von der „Pest diesen und des vorigen Jahrhunderts“ schwadronierte. Vom Landtagspräsidenten erhielt er lediglich einen Ordnungsruf.
Im sächsischen Landtag scheinen rassistische und antisemitische Äußerungen inzwischen fester Bestandteil geworden zu sein. Dresden wäre demnach geradezu prädestiniert für den nächsten Bundesparteitag der NPD, welcher am 27. Oktober 2007 stattfinden wird. Die Anmeldung der NPD für diesen Parteitag im Dresdner Vorort Coswig wurde von den Neonazis jedoch vorerst zurück gezogen.
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