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spacer.gif   Wenn es doch nur ein Naturgesetz wäre
veröffentlicht am Dienstag, 20. Mai 2008, 20:18 Uhr
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NPD im Sächsischen Landtag Landtagssitzungen im April 2008

Die Sitzung am am Mittwoch, 16.04. begann für die NPD mit Delles Ruf wider der Kultur. Im zweiten Tagesordnungspunkt, der Fachregierungserklärung zum Thema "Landwirtschaft im globalen Wettbewerb", sah Delle einzig den Druck, die sächsische Landwirtschaft den europäischen Kriterien unterzuordnen.

Seine Lesart, die EU fordere eine Anpassung an Strukturen des freien Marktes in einer Art wie sich der Mensch an die Natur anpasse, basiert doch auf der Annahme eines nicht-kulturellen Seins des Menschen.
Die Globalisierung, so Delle, sei „eben kein Naturgesetz“, und die Nationaldemokraten wehrten sich dagegen, „daß immer wieder behauptet wird, die heimische Wirtschaft müsse sich gefälligst anpassen und sich blindlings in den internationalen Lohn- und Preiswettbewerb stürzen.“ Die NPD behauptet also, sächsische oder deutsche Landwirtschaft sei natürlich, globalisierte Landwirtschaft sei das nicht. Diese unterliegt eben einem "ungesunden Wettbewerb". Das "billig importierte tropische Palmöl" komme nur den marktbeherrschenden und auch noch EU-geförderten Betriebe zugute, die damit die Preise diktierten. Die EU-Osterweiterung ist ein weiterer Faktor für die gesunkenen Subventionen. Bodenständigkeit wird dabei zu Bodenhaftung.

Denn Delle zielt ab auf die raumorientierte Volkswirtschaft, die "spezialisierte Monokulturen" gegen kleinräumige, regionale Spezifika austauschen möchte um so "physisch wie auch geistig-kulturell lebensfähigen Wirtschafts- und Kulturräume" zu schaffen. In "Profil. Nationaldemokratische Schriftenreihe, Folge 13: Grundlagen einer nationaldemokratischen Volkswirtschaftslehre" sollte dieses wirtschaftspolitische Programm fundiert werden. Die Broschüre erschien im November 2006 ist ein Positionspapier des bundesweiten NPD-Arbeitskreises 'Volk und Staat' und des Arbeitskreises Wirtschaftspolitik beim Bundesvorstand der NPD und trägt den Untertitel "Raumorientierte Volkswirtschaft statt 'Basar-Ökonomie'". Raum definiert sich hier als 'gewachsener Lebensraum'. Und nicht zuletzt tritt der wissenschaftliche Fraktions-Mitarbeiter Per Lennart Aae für eine "raumorientierten nationale Volkswirtschaftsordnung" ein.

Die Raumdefinition erhielt ihren Niederschlag in einer folgenden Debatte. Die Änderung des Sächsischen Ladenöffnungsgesetzes ermöglicht den Verkauf von Blumen und Backwaren an den Feiertagen Ostersonntag, Pfingstsonntag, Volkstrauertag, Buß- und Bettag sowie Totensonntag. Alexander Delle stimmte der Änderung zu, obwohl die NPD 2007 gegen das neue Ladenöffnungsgesetz gestimmt hatte. Die NPD wolle lieber den Mittelstand als Tankstellen unterstützen, so Delle.

In der geheimen Wahl eines stellvertretenden Mitglieds im Landesbank-Untersuchungsausschuss gehörte Gitta Schüßler der Wahlleitung an. Gitta Schüßlers flotte Kommunikationsversuche mit ihrem anderen Wahlleitungskollegen schlugen jedoch fehl, wie auch die Vergabe von Stimmzetteln an die Abgeordneten. Bis auf Abgeordnete aus der konservativen Ecke griffen alle Parlamentarier auf ihren Kollegen zurück.

Winfried Petzold bemühte sich an diesem Tag vergeblich um eine Änderung des Sächsischen Meldegesetzes, da die Gesetzgebungskompetenz seit 2006 beim Bund liegt. Die Angst vor der Polizei, die unvermittelt durch die falsch gelegte Fährte eines Meldebetrügers vor der eigenen Haustür steht, schien ihm die eigenen Worte genommen zu haben, da er auf Apfels Plenarbeitrag zum gleichen Thema von 2005 zurückgriff. Der sah sich damals von Völkerwanderung, Heimatverlust und Entwurzelung bedroht. An diesem Mittwoch trat Holger Apfel ans Mikrophon und versuchte wieder die akute Gefährdungslage anhand von versteckten Schwarzarbeitern im Großstadtmoloch Berlin zu verdeutlichen. Um das zu sagen, war er jedoch gezwungen in der Redepause der NPD einige seiner kämpferischen Worte zu redigieren und die der Fraktion gerade erst bekannt gewordene Gesetzeslage einzuarbeiten.

Im Antrag "Geltendes Ausländerrecht konsequent anwenden – Artur T. abschieben!" forderte Gansel die Abschiebung eines in Auseinandersetzungen verwickelten Leipziger Türstehers. Astrid Günther-Schmidt (Grüne) meldete sich zu einer Zwischenfrage. Jürgen Gansel konterte: "Von dieser liebenswerten Kollegin nicht, bis ans Ende meiner Tage nicht. Sie dürfen wieder Platz nehmen und uns Ihren wunderschönen Rücken zuwenden." Er endete mit einer seiner pseudointellektuellen Dresdner-Schule-Wortneuschöpfungen indem er Artur T. als 'Ethnokriminellen' bezeichnete.

Als Johannes Müller am Donnerstag zum Mikrophon ging, verliessen die meisten Abgeordneten der anderen Parteien den Saal, ebenso die Mehrzahl der Staatsminister. Die von der NPD angestrebte Aktuelle Debatte "Mit Volldampf ins soziale Desaster – fünf Jahre Agenda 2010" landete somit schon jetzt da, worauf sie Gesellschaft hinauslaufen sieht. Erstaunlich war mit wieviel Vehemenz Müller darum kämpfte einer sogenannten 'nationaldemokratischen' Sichtweise endlich zu Akzeptanz zu verhelfen.Der Aufforderung Müllers: "Heute können Sie endlich einmal Ihre Grundgesetztreue, Ihre Treue zum deutschen Sozialstaat unter Beweis stellen." fühlte sich trotz des Labels jedoch kein Abgeordneter genötigt nachzukommen. Die Rede wirkte wie eine Übungsstunde und dieser Eindruck wurde noch verstärkt durch Müllers Verweis, mit Gansel anschliessendem Beitrag käme dann schon die inhaltlichen Fundierung. Auch hier Enttäuschung, als er auf Alexander Krauß' (CDU) Argument, 1000 ausländische Ärzte nicht aus Sachsen ausweisen zu können ohne dass das Gesundheitssystem zusammenbräche, nur kontern konnte, dass es diese ausländischen Ärzte nur gebe, "weil deutsche Ärzte auswandern!".

Despang ähnelte am Vortag einer Wachsfigur, sass unbeweglich und wortlos neben Petzold, ohne eine einzige Akte auf seinem Tisch. Am Donnerstag änderte sich das, denn Despang sprach zu Flora-Fauna-Habitaten. Um Verwunderung über die Zustimmung zu EU-Richtlinien abzuwenden, beschwichtigte er: "Ich möchte betonen, dass wir positiven Dingen wie in diesem Fall positiv gegenüberstehen." Kritik musste es allerdings geben, in diesem Fall traf es die Staatsregierung.

Auf der Besuchertribüne verfolgten die wohl wirklich aktiven Fraktionsmitarbeiter Per Lennart Aae, Andreas Storr, Olaf Rose und Robert Beck von Zeit zu Zeit aufmerksam die Plenarsitzung und erläuterten einigen geladenen Besuchern das Geschehen. So auch die Abgeordneten Klaus Jürgen Menzel und Jürgen Gansel.

Am Freitag bezog sich Johannes Müller in der Grünen-Debatte zur Vorratsdatenspeicherung auf die Kritik an V-Leuten. Deren vermeintliche Rechtsüberschreitung wäre ein Zugeständnis "an das kriegstreibende und kriegsschürende Washingtoner Regime". Müller bezog sich damit indirekt auf das NPD-Mitglied Matthias R., der sich derzeit in der Verhandlung um die westsächsische Kameradschaft 'Sturm 34' zu verantworten hat. Das Image der 'unpolitischen Chaos-Truppe', so die NPD im April, hat in der Öffentlichkeit keinen Bestand. Dass einige der Kameraden Mitglied in der NPD waren oder sind, bringt die NPD in Erklärungsnöte. Daraus befreien wollte sich die Fraktion, indem sie die Grünen-Debatte umnutzten und staatlichen Behörden mit Schlagworten wie 'EU-Vorgaben', 'Terrorhysterieschraube' und 'manipulierte Öffentlichkeit' den schwarzen Peter zuschieben wollten.

Winfried Petzold kritisierte den Verfall des Oberen Bahnhofs in Grimma und dessen Imageschaden zum Tag der Sachsen im kommenden September. Bürgernah sollte auch seine Kritik an der Förderung von Kindern mit migrantischem Hintergrund sein, die sich um ein START-Stipendium bewerben können. Dies widerspräche dem Gleichheitsgrundsatzes, da der "steigende Ausländeranteil auch in sächsischen Schulklassen" zur "Leistungsnivellierung" und zu verminderten Chancen "deutscher" Jugendlicher auf dem Arbeitsmarkt führe. Lieber sähe er, so in seinem Beitrag zur Barrierefreiheit, Kinderwagenfreundlichkeit für wie er wohl meinte "deutsche" Familien. Mit dem Kommentar, "Barrieren sind letztlich auch in Köpfen weit verbreitet. Da hilft es auch nicht, etwa gebetsmühlenartig ein weltoffenes, tolerantes Sachsen zu beschwören", fiel er allerdings in die von ihm selbst so eben gegrabene Intoleranz-Grube. Jovial zeigte er sich anschliessend als Befürworter des Grünen-Antrags zu gebührenfreien Girokonten, da die NPD nun schon vor zwei Jahren einen ähnlichen Antrag eingebracht hatte.

Dieselbe Argumentation legte Gitta Schüßler vor, als sie die Zustimmung der NPD-Fraktion zum Antrag der FDP "Erreichbarkeit von Schulen verbessern – Kommunen bei der Schülerbeförderung unterstützen" begründete. Schon 2007 hätte die NPD Berichte der Staatsregierung angefordert. Zudem sei nicht die Beförderung das eigentliche Problem, sondern die Schulschließungen, vor allem in ländlichen Regionen. Der vermeintliche Gleichheitsgrundsatz, den Schüßler hier vertrat, umfaßt allerdings nur einen geringen Bruchteil der Gesellschaft, wie Schüßler schon am Anfang des Tages in der Aktuellen Debatte konkretisierte. Das Bekenntnis der Staatsregierung zu familienfreundlicher Politik werde in der Praxis eingeschränkt, da "Frau Orosz als Familienministerin die Schirmherrschaft über die örtliche Lesben- und Schwulenparade übernahm. Aus unserer Sicht wurde damit ein völlig falsches Zeichen gesetzt, was Familienbild und -verständnis betrifft." Applaudiert wurde dazu bei der NPD und Klaus-Jürgen Menzel.
Insofern kann es wohl als Glück im Unglück angesehen werden, dass die NPD ihr Lieblingsthema Hartz IV nicht neu argumentativ untermauern konnte, da sie ihren diesbezüglichen Antrag "Hartz-IV-Gesetze zurücknehmen – Armut und soziale Schieflagen verhindern!" von der Tagesordnung zurückzog.


 
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