Gleich in der ersten Sitzung nach der Wahl von Helma Orosz (CDU) zur neuen Oberbürgermeisterin in Dresden, machte das Stadtoberhaupt klar, wie der neue Umgang mit den Neonazis vom Nationalen Bündnis Dresden aussehen könnte. Eine Mehrheit der Dresdner Stadtverordneten unterstützte sie dabei tatkräftig.
Immer wieder hatte die Gruppe um den NPD-Landtagsmitarbeiter Hartmut Krien versucht auf sich aufmerksam zu machen. Das Nationale Bündnis Dresden war in den letzten Monaten, u.a. dank der erfolgreichen Kooperation der demokratischen Fraktionen im Stadtrat so gut wie in der Versenkung verschwunden. Mit den Abgeordneten Brigitte Lauterbach und Werner Klawun haben die Neonazis zwei Totalausfälle zu verzeichnen. Beide sind nicht dazu fähig, sich sinnvoll einzubringen. In der Stadtratssitzung vom 11.09.2008 gelang es den Neonazis mit Unterstützung der CDU, einzelnen Abgeordneten der Linken-Abspaltung (Linksfraktion.PDS) und der FDP einen Coup zu landen.
Auf Antrag des extrem rechten Stadtrates Wolfgang Schwarz gedachte der Dresdner Stadtrat „der Toten des 11. September 2001.“ Voraus gegangen war diesem Erfolg der Versuch der Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) den NB-Antrag direkt mit der Gesamtabstimmung über die Tagesordnung durchzuwinken. Auf Drängen der SPD-Fraktion diesen Punkt gesondert abzustimmen, konnte dieser vorauseilende Gehorsam der neuen Oberbürgermeisterin gegenüber dem Wunsch der Neonazis abgewendet werden.
Wer sich mit der Ideologie der neonazistischen NPD ernsthaft auseinander setzt, sollte misstrauisch werden, bei einem solchen Antrag. Auf einschlägigen Seiten aus dem extrem rechten Spektrum kann man nachlesen, wer aus Sicht der Neonazis zu den „Toten des 11. September“ zu zählen ist. Zu diesen Toten werden aus Sicht der extremen Rechten in erster Linie auch die Terroristen selbst gezählt. Diese werden von Ex-NPD-Anwalt Horst Mahler als „Widerstandskämpfer gegen eine Weltmacht“ bezeichnet. Auf einer anderen rechten Website ist die Sichtweise der Neonazis auf das Ereignis sehr unverblümt beschrieben. Dort heißt es: „Der Einsturz der beiden Türme in New York, heute vor sieben Jahren, der vermeintliche Flugzeugcrash ins Pentagon, war der moderne „Reichstagsbrand“ der es der Supermacht USA erlaubte unter fadenscheinigen Gründen Angriffskriege im Kampf gegen den „internationalen Terror“ zu führen – damals waren es die internationalen Juden.“(Altermedia, 11.09.2008)
Die CDU-Fraktion im Dresdner Stadtrat, Abgeordnete der Linken-Abspaltung (Linksfraktion.PDS) und der FDP stimmten dem Antrag der Neonazis zu. Die Linke, die SPD und die Grünen zeigten sich empört. Zur Eröffnung der Sitzung erhoben sich die Neonazis gemeinsam mit den anderen Dresdner Stadtverordneten zu einer Gedenkminute. Wer die antisemitischen Verschwörungstheorien der Neonazis zum „11. September“ kennt, kann sich eine Vorstellung davon machen, wie sich die NB-Abgeordneten Krien, Schwarz, Klawun und Lauterbach ins Fäustchen gelacht haben, über einen solchen Coup. Lediglich die Vertreter der Grünen-Fraktion und der verbliebenen Linken (Die Linke.Fraktion) verließen aus Protest demonstrativ den Sitzungssaal.
Die Fraktionsvorsitzenden von Bündnis90/Grüne und Die Linke im sächsischen Landtag fanden klare Worte an die Adresse von Oberbürgermeisterin und CDU. Andre Hahn (Fraktionschef Die Linke im Landtag) kündigte bereits einen Tag nach dem Vorfall scharfe Konsequenzen an, falls ein Mitglied seiner Landtagsfraktion in der Gruppe der Linksfraktion.PDS-Befürworter des Nationalen Bündnisses zu finden sei. Inzwischen wird die Umsetzung von Parteiausschlüssen vorbereitet. Ingrid Mattern aus der Linken-Abspaltung (Linksfraktion.PDS) erklärte, dass sie auf Grund des Verhaltens ihrer Fraktionskolleg_innen die Fraktion verlassen wolle. Der antifaschistische Grundkonsens der Linken sei verletzt worden.
Helma Orosz war in Dresden für „Sicherheit, Sauberkeit, Ordnung“ angetreten und hat dafür im zweiten Wahlgang mehr als 2/3 der Stimmen auf sich vereinen können. Im Stadtrat sorgte sie in der ersten Sitzung durch einen autoritären Stil auch gleich für die Durchsetzung ihres Programms. Unruhe, Essen oder Beleidigungen politischer Gegner_innen im Stadtrat duldet sie nicht. Sie behandelte den Antrag der Neonazis wie den einer demokratischen Partei und verkennt dabei die ungeheure Aufwertung, die dem NB dabei zuteil wird. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Umgang nur eine anfängliche Unsicherheit und nicht, wie von der NPD in einer Presseerklärung erhofft, zum neuen Stil im Stadtrat wird.
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