NPD lädt zu Landtagsanhörung verurteilten Rechtsextremisten Jürgen Rieger.
Artikel aus der "Freien Presse" vom 04.07.2005.
Dresden (ddp-lsc). Die Landtagsfraktion der rechtsextremen NPD hat im Rechtsausschuss des Parlaments einen Eklat provoziert. Zu einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses am Montag in Dresden, die sich mit dem Polizeieinsatz während einer Nazi-Demonstration in Leipzig am 1. Mai beschäftigte, lud sie den wegen Volksverhetzung verurteilten Hamburger Anwalt Jürgen Rieger als Experten. Die PDS scheiterte mit ihrem Versuch, Rieger von der Anhörung auszuschließen. Auch Abgeordnete anderer Fraktionen äußerten sich empört. Der Großteil der Ausschussmitglieder sowie Innenminister Thomas de Maizière (CDU) verließen während der Stellungnahme Riegers den Saal. Nach Angaben des juristischen Dienstes des Parlaments hat jede Fraktion das Recht, Experten für eine Anhörung zu bestimmen.
Der rechtspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Marko Schiemann, sagte, mit der Benennung des bekannten Rechtsextremisten Rieger als Sachverständigen zeige die Partei ihr wahres Gesicht. Der NPD scheine es nur um die Provokation des Rechtstaates zu gehen. Auch das Grünen-Ausschussmitglied Johannes Lichdi protestierte gegen «dieses Beleidigung der Würde des Landtags». Rieger sei seit langem als Vertreter von gewalttätigen Neonazis und als Mitglied mehrerer rechtsextremistischer Organisationen wie der völkischen «Artgemeinschaft» bekannt.
Die PDS hatte von der Regierung eine Stellungnahme sowohl zum Umgang der Stadt Leipzig und der Gerichte mit dem Aufmarsch als auch zum Einsatz der Polizei gefordert. Während eines vom Hamburger Neonazi Christian Worch angemeldeten Aufmarschs am 1. Mai in Leipzig war es zu Ausschreitungen gekommen. Die Stadt Leipzig hatte die Marschroute durch die Innenstadt zuvor verboten, unterlag damit aber vor dem Oberverwaltungsgericht Bautzen. Mehrere tausend Gegendemonstranten stellten sich dem Aufmarsch entgegen. Die Polizei räumte die Route daraufhin unter Einsatz von Wasserwerfern und Schlagstöcken. De Maizière hatte bereits unmittelbar nach den Ereignissen angekündigt, eine «Null-Toleranz»-Politik gegen gewalttätige Demonstranten fortzusetzen.
Die geladenen Rechtsexperten äußerten einstimmig, dass ein Verbot des rechten Aufmarsches gerichtlich nicht durchzusetzen gewesen sei. Ralf Brinktrine von der Universität Leipzig verwies darauf, dass die Versammlungsfreiheit ohne Bewertung des Anliegens der Anmelder einer Demonstration gelte. Sönke Hilbrans vom Republikanischen Anwaltsverein bemängelte, dass von dem harten Polizeieinsatz auch Personen betroffen wurden, die nicht an Gewalttaten beteiligt waren.
Die Polizei verteidigte ihre Taktik. Der stellvertretende Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Peer Oehler, bezeichnetete es als Problem, dass sich die Gegendemonstranten mit Linksextremisten und Autonomen zusammengetan hätten. In dieser Situation sei es nicht mehr möglich gewesen zu differenzieren.
In Anschluss an die Sitzung forderte die PDS-Fraktion, die Unterbindung der «Wiederbelebung und Verbreitung nationalsozialistischen Gedankengutes» als Staatsziel festzuschreiben. So könnten in Zukunft rechte Aufmärsche verboten werden.
(ddp)
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