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veröffentlicht am Mittwoch, 09. September 2009, 21:31 Uhr
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NPD im Sächsischen Landtag

4,5% hatte infratest dimap der NPD Mitte August prophezeit. Die Prognose erwies sich als zu schön um wahr zu sein.

Die Ruhe vor dem Sturm zeichnete sich auch in den Umfragen ab, in denen die NPD nach schläfrigen 3% im Vorjahr und noch Anfang 2009 auf 5 % gestiegen war. 5,6% erreichte die NPD bei den Wahlen zum sächsischen Landtag am 30. August. Nun ist es angekommen: Die NPD verfügt in Sachsen über eine Stammwählerschaft, wie der Politikwissenschaftler Werner Patzelt die ‚Sächsische Zeitung’ wissen ließ. Das Wahlergebnis sei erschreckend und den anderen Parteien sei im Umgang mit der NPD sträfliche Nachlässigkeit vorzuwerfen, fügte er gegenüber der ‚Welt’ hinzu. Diese Töne aus seinem Mund sind neu. Früher war er ein Vertreter der Protestwählerthese.

Verluste in den Hochburgen der NPD

Vergleicht man die Wahlergebnisse der NPD nach Wahlkreisen in den letzten beiden Landtagswahlen 2004 und 2009, so zeigt sich eine Korrelation von 0,86, der Zusammenhang ist im höchsten Maße signifikant. Im Klartext heißt das, die NPD hat 2009 in den gleichen Wahlkreisen erhöhte Stimmanteile bekommen wie 2004. Infratest dimap fügt hinzu, dass 15% der Erstwähler_innen (d.h. der 18- bis 24-jährigen) NPD gewählt haben. Mit steigendem Alter nimmt die Affinität zur NPD kontinuierlich ab. Soweit ist das wenig überraschend. Analytiker_innen haben immer gesagt, dass sich in vielen ländlichen Regionen eine dominierende dezidiert neonazistische oder wenigstens rechtsoffene Jugendkultur herausgebildet hat. Spitzenreiter ist nach wie vor der Wahlkreis Sächsische Schweiz 2 mit 15,1% 2004 und 10,1% 2009.

Ein Vergleich der Veränderung der Wahlergebnisse zwischen 2004 und 2009 mit den Wahlergebnissen selbst fördert weiter zutage, dass die gravierendsten Verluste der NPD in ihren Hochburgen von 2004 eingetreten sind (Korrelation -0.74, hochsignifikant). Ein fester Bevölkerungsanteil wählt aus Überzeugung neonazistisch, ein Teil - dennoch offenbar für neonazistisches Gedankengut empfänglicher - Kurzentschlossener kommt hinzu. Dieser Anteil bricht nach der blamablen Legislaturperiode weg. Und sie verliert ihn da umso stärker, wo sie bei der vorangegangenen Wahl besonders gut abgeschnitten hat. Der Stammwähler_innenanteil bleibt.

Profil der Stammwähler_innen

Bereits bei der Kommunalwahl hatte sich gezeigt, dass der Stimmanteil in den Hochburgen der NPD geringfügig zurückgeht. Sie war bei den Kommunalwahlen 2004 nur in einem Bruchteil der Gemeinden angetreten. Landesweit hatte sie daher rechnerisch nur 0,5% der Stimmen bekommen, örtlich waren es jedoch bis zu 25%. Durch die Landtagsvertretung gelang es der Neonazipartei, sich in Sachsen auch auf regionaler Ebene flächendeckend zu konsolidieren. Sie stellte daher bei der Kommunalwahl 2009 ein Vielfaches der Anzahl ihrer Kandidat_innen von 2004 auf, erreichte rechnerisch landesweit etwa 4%, musste aber in den Regionen, in denen sie bereits etabliert war, leichte Verluste einstecken.

Kein Geheimnis ist hingegen, dass die NPD - ebenso wie übrigens auch die CDU - in ländlichen Regionen besser abschneidet als in Großstädten. Sind diese Regionen gekennzeichnet von sehr hoher Arbeitslosigkeit, sehr hoher Abwanderung und niedrigem Anteil Nicht-Deutscher, steigt die Wahrscheinlichkeit eines NPD-Wahlerfolgs. Der Durchschnitt der NPD-Wähler_innen hat darüber hinaus geringes Einkommen, niedriges Bildungsniveau: Die Mehrheit zählt zu den Arbeiter_innen oder Arbeitslosen.

Beliebt ist im übrigen die These, dass die in Sachsen stark gefallene Wahlbeteiligung zum Wiedereinzug in den Landtag beigetragen habe. Obgleich diese Vermutung sich nicht gänzlich ausräumen lässt, darf sie als sehr unwahrscheinlich gelten. Die NPD-Wahlergebnisse nach Regionen korrelieren nicht mit der Wahlbeteiligung der Regionen.

"Sträfliche Nachlässigkeit"

Dass es derzeit ein zum Neonazismus hin offenes Wähler_innenspektrum gibt, dürfte spätestens nach dieser Wahl gesichert sein. Dieses Spektrum könnte sich dennoch auch anderen Parteien zuneigen. Die sächsische CDU und vereinzelt auch andere Parteien bauen - gerade in ländlichen Regionen (man denke an die Skandale um Henry Nitzsche, Gerhard Gey, Gotthard Deuse u. a.) - seit langem darauf, auch am rechten Rand zu fischen. Diese Strategie war wenig erfolgreich und dürfte zum Erfolg der NPD erheblich beigetragen haben.

Die Etablierung der NPD scheint gerade durch ihre Selbststilisierung als die eigentliche ‚Volksvertreter-Partei’ an Grenzen gestoßen zu sein. Die negative Bilanz der Wähler_innen könnte aus der trotz zunehmender kommunaler Verankerung nicht geleisteten kommunalpolitischen Arbeit resultieren. Das hieße, sie trauen der NPD den Weg aus der derzeitigen von Krisenrhetorik geschüttelten Situation nicht zu. Und damit bedingt möglicherweise auch der kommunale Wahlerfolg das schlechte Abschneiden im Landtagswahlkampf. Um einen allmählichen Abgang von der politischen Bühne zu prognostizieren, ist es jedoch noch zu früh. Denn im Gegensatz zur NPD-Fraktion der vergangenen fünf Jahre geht die kommende Fraktion geschlossener ihren ‚Sächsischen Weg’.


 
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