Am 26. August 2004 fand die erste konstituierende Stadtratssitzung nach den Kommunalwahlen in Dresden statt. Hier findet man einen ausführlichen Bericht über die Geschehnisse im Rathaus.Konstituierende Sitzung des Dresdner Stadtrates am 26.08.04
Nun war es soweit. Nach langem Warten fand die erste Stadtratssitzung nach den Kommunalwahlen vom 13.06.04 in Dresden statt. Es sollte außerdem die erste Sitzung eines Stadtrates sein, an welcher bekennende Neonazis teilnehmen. Der folgende Bericht soll einen genauen Einblick in die Stadtratssitzung und das Agieren vom / und rund um das Nationale Bündnis geben.
15.30 Uhr
Die "deutsche Tugend" - Pünktlichkeit!
Im ansonsten komplett leeren Plenarsaal des Dresdner Rathaus sitzen Holger Apfel und Wolfgang Schwarz vom Nationalen Bündnis und schauen gespannt auf die Uhr, denn um 16.00 Uhr soll die Sitzung eröffnet werden.
Auf der Zuschauertribüne nehmen ebenfalls ca. 25 Anhänger des Nationalen Bündnis Platz, darunter stadtbekannte Neonazis wie Rene Despang, Jürgen W. Gansel (Deutsche Stimme), Ellie Dobberstein und ein rechter Schlägertrupp um Sven Hagendorf, Tino Karch, Sebastian Reiche. Um 15.40 Uhr betritt Hartmut Krien den Plenarsaal, womit nun alle Vertreter des NBD anwesend waren.
16.00 Uhr
Oberbürgermeister Ingolf Roßberg eröffnet die Sitzung, nachdem wenige Minuten zuvor auch die Vertreter der restlichen Fraktionen im Saal Platz genommen haben.
Nach einer einleitenden Rede beginnt die zeremonielle Verpflichtung der Stadträtinnen und Stadträte. Jedes Mitglied des Stadtrates tritt dazu nach vorn, schüttelt dem Oberbürgermeister die Hand und unterschreibt eine Verpflichtungserklärung.
Bereits als zweiter ist Holger Apfel an der Reihe. Die Fraktionsmitglieder der Grünen, der PDS und der SPD drehen demonstrativ ihre Köpfe nach hinten, um die Verpflichtung der Neonazis nicht anschauen zu müssen.
16.40 Uhr
Es begann nach der zeremoniellen Verpflichtung die Wahl der Ausschußmitglieder. In den einzelnen Ausschüssen wird in der Regel der wichtigste Teil der parlamentarischen Arbeit geleistet (z.B. Jugendhilfeausschuß; Allgemeine Verwaltung, Ordnung und Sicherheit, u.s.w.). Im Normalfall werden die Ausschüsse über ein Einigungsverfahren besetzt.
Allerdings gab es hierzu Widerspruch von verschiedenen Fraktionen, was dazu führte, daß es zu einer Listenwahl kam. Dies führte dazu, daß außer im Ausschuß für IT - Dienstleistungen, Stadtentwässerung und Friedhofswesen das Nationale Bündnis keinen Ausschußplatz erhielt (in diesen Ausschuß wurde Hartmut Krien gewählt).
Nach jeder einzelnen Wahl trat ein Vertreter des Nationalen Bündnis mit einer persönlichen Stellungnahme an das Mikrofon um gegen das Wahlverfahren zu protestieren und juristische Schritte gegen die Verfahrensweise der Ausschußwahl anzudrohen.
Dieses von Gerichten anerkannte Wahlverfahren stellte nach den Worten von Holger Apfel eine "Vergewaltigung der Demokratie" dar, wo Demokraten mit "Taschenspielertricks" (Zitat: Apfel) Demokratie so auslegen, wie sie ihnen paßt. Desweiteren kommentierte der NPD/NBD - Funktionär Apfel die zeitgleich vor dem Rathaus stattfindende Demonstration gegen das Nationale Bündnis und bezeichnete die dort Anwesenden als "Antifa - Bodensatz, deren geistige Brandstifter im Plenarsaal sitzen".
In einer kurzen Sitzungsunterbrechung schüttelt Peter Berauer von der DSU den Abgeordneten des Nationalen Bündnis freundlich die Hand und läßt sich auf einen Small - Talk ein.
18.35 - 19.00 Uhr
Pause! Hartmut Krien (frisch gewähltes Ausschußmitglied im Friedhofswesen) begibt sich in den Zuschauerbereich um mit seinen Kameraden zu plaudern. "Wenn jetzt einer stirbt, dann muß er vorher bei mir klingeln..." posiert er fröhlich vor den staunenden Anhängern des Nationalen Bündnis und fragt: "Wo ist denn der Sveni?" - dieser (gemeint ist der stadtbekannte Neonazi Sven Hagendorf) hatte inzwischen bei einem Provokationsversuch gegenüber den Demonstranten vor dem Rathaus einige Eier auf sein weißes Hemd bekommen.
19.00 Uhr
Die Wahlen zu den Ausschüssen gehen weiter.
Bei der Wahl des Ausländerbeirates kam es zum Eklat - es ist kurz nach 20.00 Uhr. Holger Apfel tritt vor das Plenum um eine persönliche Stellungnahme abzugeben. - Das Nationale Bündnis Dresden lehne den Ausländerbeirat grundsätzlich ab, da es nach Ansicht Apfels nicht sein kann "das jede Minderheit eine Lobby erhält".
Mit hochrotem Kopf steigert er sich in eine rassistische Hetzrede hinein und brüllt, daß "Ausländer lediglich ein Gastrecht haben und nicht das Recht in Dresden mitzureden".
Unruhe im Plenarsaal und auf der Zuschauertribüne. Der überwiegende Teil der Fraktionen verläßt demonstrativ den Saal, das Mikrofon wird abgestellt - Apfel brüllt weiter, er wird aufgefordert die Rede zu beenden, vereinzelt wird von den NBD - Anhängern auf der Tribüne "Hoch die nationale Solidarität" skandiert, auch "Nazis raus" - Rufe werden laut.
Das Nationale Bündnis fordert die Abschaffung des Ausländerbeirates.
Nachdem Roßberg wieder für Ruhe gesorgt hat, versucht Johannes Lichdi von der Grünen - Fraktion eine Gegenrede zu halten, in welcher er vor der Gefährlichkeit der Rechtsextremisten warnt.
Beide Stellungnahmen, von Lichdi und Apfel werden von der CDU kritisiert. Roßberg spricht von einer "unerträglichen Vergiftung des Klimas im Stadtrat" und droht sowohl den Grünen, wie auch dem Nationalen Bündnis mit Ordnungsgeldern. Er bedankt sich bei den Abgeordneten, welche den Saal verlassen haben. Die Ausschußwahlen werden fortgesetzt...
Bereits in dieser ersten Stadtratssitzung hat sich der rassistische und antidemokratische Charakter des Nationalen Bündnis auf eine unerwartet unverblümte Art und Weise gezeigt.
Es kann auf jeden Fall mit weiteren solcher Hetzreden von seiten der Neonazis in den nächsten 5 Jahren gerechnet werden. Dies zeigt deutlich, wie wichtig ein ununterbrochener Protest gegen Nazis in Parlamenten jetzt und in Zukunft ist.
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