Ende Dezember bedrohte ein Mitglied der NPD-Fraktion im Kreistag des Landkreis Görlitz mehrfach politische GegnerInnen. Matthias Thau aus Kiesdorf, der bisher eher als NPD-Hinterbänkler galt, machte mit Drohanrufen und Hausbesuchen auf sich aufmerksam.

Am 19.Dezember rief er mehrmals mit seinem Handy im Büro der Partei DIE LINKE im ostsächischen Zittau an. Er stellte sich als "NPD-Kreisrat Thau" vor und hatte scheinbar vergessen, bei seinem Handy die Rufnummerunterdrückung einzustellen. Während der Anrufe drohte er damit, schwarze Listen mit Namen, Foto und Adressen von „Linken“ im Internet zu veröffentlichen, wenn die Anschläge in Berlin und Königs-Wusterhausen nicht aufhören.

Weiterhin drohte er mit mysteriösen Autounfällen, die Kreistagsmitgliedern der LINKEN passieren könnten, denn ihre Autos seien bekannt. Daraufhin erstattete DIE LINKE Anzeige. Der polizeiliche Staatsschutz hat die Ermittlungen dazu aufgenommen.


Scheinbar bezog sich Thau am Telefon auf einen Brandanschlag, der Anfang Oktober des vergangenen Jahres auf ein von Neonazis genutztes Lokal in Berlin verübt worden war. Infolgedessen hatten am 10. Oktober 2009 etwa 750 Neonazis in Berlin demonstriert. Zugunsten dieser Demonstration war ein ursprünglich für den selben Tag geplanter Neonazi-Aufmarsch in Königs Wusterhausen verlegt worden und fand am 5. Dezember 2009 statt. An diesem hatten, neben AnhängerInnen der so genannten Autonomen Nationalisten auch die ostsächsischen Kreisräte Matthia Thau und Stefan Latzel teilgenommen.

Kein Woche später wurde Matthias Thau am 25.Dezember 2009 bei der ehemaligen Sächsischen Landtagsabgeordneten der Grünen, Astrid Günther-Schmidt, in der Oblerausitzer Kleinstadt Bernstadt vorstellig. Gegen 14 Uhr parkte er mit seinem Fahrzeug vor ihrem Wohnhaus und spielte laute Musik ab. Als Günther-Schmidt nachfragen wollte, was der ihr Unbekannte möchte, hat Thau sie mit ihren Namen angesprochen und soll geäußert haben „Wir haben dich im Visier.“. Thau, der offenbar mit der gleichen NPD Jacke wie bei der Demonstration in Königs-Wusterhausen bekleidet gewesen war, habe anschließend Günther-Schmidt beleidigt und bedroht und wollte eine NPD-Fahne an ihren Briefkasten befestigen. 
Günther-Schmidt rief daraufhin in ihrem Haus die Polizei, die Thau jedoch bei Eintreffen nicht mehr antraf. Ihr Mann, der Thau zum Verlassen des Grundstückes bewegen wollte, wurde ebenfalls bepöbelt, beleidigt, fotografiert und gefilmt.

Dass es nicht bei bloßen Gewaltandrohungen bleibt, stellten mehrere Neonazis in der Sylvesternacht in Görlitz unter Beweis. Mitten in der Innenstadt griffen sie frühmorgens ein alternatives Wohn- und Kulturprojekt an. Dabei warfen sie mehrere Dutzend Bierflaschen und Feuerwerkskörper auf das Haus. Eine Reihe der Wurfgeschosse zerstörte Fensterscheiben und landete auf dem Bett einer Person, die kurz zuvor zufällig aufgestanden war. Nur als Zufall ist es zu werten, dass keine der in dem Haus lebenden Personen, darunter auch mehrere Kleinkinder, verletzt worden ist. Die Angreifer stammen nach Informationen von Recherche Ost aus der Görlitzer Neonazi-Szene.

Dieses Verhalten, des im Kreistag bisher nicht in Erscheinung getretenen Matthias Thau und der Görlitzer Neonazis, hat Toralf Staud in seinem jüngsten Interview als Faschisierung der ostdeutschen Provinz bezeichnet. Ein Aspekt der Faschisierung ist handfester Straßenterror, die Homogenisierung von Gegenden, in denen die NPD verankert ist, durch Gewalt – oder die Androhung von Gewalt. Sie richtet sich gegen als AusländerInnen, Punks, Linke, engagierte AntifaschistenInnen, überhaupt jede/n, der anders aussieht oder sich der NPD entgegenstellt. Oder eben wie in diesem Fall gegen eine ehemalige Landtagsabgeordnete der Grünen und Kreistagsmitglieder der LINKEN.

Vier Mitglieder hat die NPD im Kreistag Görlitz derzeit. 
Andreas Storr, der gleichzeitig Mitglied des sächsischen Landtages ist, ist Vorsitzender der NPD-Gruppe. Weitere Mitglieder sind Michael Ackermann, Stephan Latzel und Matthias Thau. Diese haben im Kreistag bisher nicht das Wort ergriffen.


Matthias Thau (links) und Stephan Latzel: NPD-Kreisräte in NPD-Regenjacke/ Bildquelle: Recherche Ost