Justiz. Das Nationale Bündnis drängt vor Gericht auf mehr Ausschuss-Sitze im Rat.
Sächsische Zeitung vom 14. März 2006
von Thilo Alexe
Ende März müssen sich Dresdner Richter mit einer pikanten Angelegenheit befassen. Das Verwaltungsgericht verhandelt eine Klage des Nationalen Bündnisses (NB). Die vom Verfassungsschutz als rechtsextremistische Organisation eingestufte Truppe um NPD-Vize Holger Apfel sieht sich bei der Wahl der Ausschuss-Sitze im Unrecht. Bei der Besetzung im August vor zwei Jahren hatten es die Braunen, die mit drei Mitgliedern zu klein für eine Fraktion sind, lediglich in einen Ausschuss geschafft, der sich unter anderem um das Friedhofswesen kümmert – und nicht gerade als besonders prestigeträchtige Präsentationsplattform gilt.
Kompliziertes Verfahren
Doch mangelnde Profilierungsmöglichkeiten zählen, zumindest nicht offiziell, zu den Argumenten, die das Bündnis anführt. NB-Stadtrat Hartmut Krien: „Nach der angewandten Verteilungsmethode steht uns in jedem der zehn Ausschüsse ein Sitz zu.“ In der Tat – beim in der Stadtrats-Hauptsatzung zu Grunde gelegten Hare-Niemeyer-Verfahren (benannt nach zwei Wissenschaftlern) bleibt für die Rechten ein Sitz pro Ausschuss. Denn: Die Wahl der elf Mitglieder umfassenden Gremien erfolgt nach Listen. Die werden von den Fraktionen vorgelegt und üblicherweise auch mit deren Stimmen verabschiedet. Ein Beispiel: Die CDU, mit 21 Stadträten vertreten, wählt ihre Liste – im Normalfall mit 21 Stimmen. Aus der Hare-Niemeyer-Formel ergibt sich dann, dass die Christdemokraten drei Räte in einen Ausschuss entsenden dürfen.
Die Dresdner Besonderheit: Grüne und SPD, die es bei einer jeweils eigenen Liste auf jeweils ein Ausschussmitglied gebracht hätten, haben – diplomatisch gesagt – kooperiert. Mal legten die Grünen eine Liste vor, die auch Sozialdemokraten berücksichtigte, mal lief es andersrum. Die Folge war, dass Rot-Grün insgesamt jeweils drei Mitglieder in die Ausschüsse schicken konnte – zu Lasten des braunen Bündnisses. Beim Friedhofsgremium wurde der Listen-Kniff nicht angewandt. Entweder weil im damals stundenlangen Wahlverfahren die Übersicht verloren gegangen war. Oder weil man den Nationalen zumindest einen Sitz überlassen wollte.
„Wenn wir zur Auffassung gekommen wären, dass unser Verhalten rechtswidrig ist, hätten wir das nicht so gemacht“, sagt SPD-Fraktionschef Peter Lames – im Hauptberuf Richter. Dass die Braunen bislang draußen bleiben müssen, zählt er nicht als rot-grünen Verdienst auf. Lames begründet den Schritt vielmehr damit, dass zwischen beiden Fraktionen eine große politische Übereinstimmung bestehe. Unmittelbar nach dem Wahlgang hatte sich auch seine Grünen-Kollegin Eva Jähnigen so geäußert.
Kritik an Rot-Grün
Ob diese Argumentation die Richter überzeugt? Zumindest hatte das Regierungspräsidium keine Einwände geltend gemacht. Doch Rathaus-Juristen warnen hinter vorgehaltener Hand: „Die Klage hat Chancen.“ Und bereits nach der Ausschussbesetzung hatten sich Vertreter von CDU und PDS ebenfalls kritisch zu der rot-grünen Taktik geäußert.
Unterläge der formal beklagte Stadtrat am 29. März, müssten die Ausschüsse womöglich neu gewählt werden. „Das Nationale Bündnis könnte sich dann als Hüter der Demokratie aufspielen“, sagt ein Christdemokrat.
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