Dresdner Neueste Nachrichten, 16.06.2006
von Jürgen Kochinke
Dresden. Für die Rechtsextremen ist es nicht besonders gut gelaufen in den vergangenen Monaten. Nach dem Einzug der NPD in den sächsischen Landtag im Herbst 2004, nach einer Serie von Eklats samt Medienrummel konnte die Partei anschließend in keinem anderen Land punkten - und auch bei der Bundestagswahl nicht. Das "Fanal von Dresden", wie NPD-Führungskader Holger Apfel nach dem Sachsen-Coup tönte, ist vorerst ausgeblieben.
Geht es nach dem Willen der rechtsextremen Vordenker, soll sich das in Kürze ändern. Mitte September sind Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern, und das strukturschwache Gebiet im Nordosten gilt allgemein als zweites NPD-Stammland hinter Sachsen. "Wir gehen davon aus, dass wir mit Sicherheit eine Fraktion in Schwerin stellen", sagt Peter Marx, Parteivize und Geschäftsführer der Landtagsfraktion im Freistaat. Die Fünf-Prozent-Hürde werde genommen.
Damit das auch gelinge, gibt es eifrig Aufbauhilfe aus Dresden. Apfel persönlich hat die Wahlkampfleitung in Mecklenburg-Vorpommern übernommen, im Sommer wird er mehrere Wochen lang vor Ort sein. Schwerpunkt dabei sei der Raum rund um Anklam, eben jener Region in Ostvorpommern, wo die Arbeitslosigkeit weit über 20 Prozent liegt.
Das und die Tatsache, dass die militante Kameradschaftsszene im Nordosten besonders stark ist, lässt die NPD-Strategen hoffen. Denn seit den 9,2 Prozent in Sachsen 2004 geht es bundesweit bergab: 1,9 Prozent in Schleswig-Holstein, 0,9 in Nordrhein-Westfalen, 1,2 in Rheinland-Pfalz. Die Partei braucht dringend ein Erfolgserlebnis.
In Mecklenburg-Vorpommern peilt die NPD laut Marx ein Ergebnis "7 plus x" an. Offizielle Umfragen geben ihr derzeit vier Prozent. Die Parole dabei lautet: Lernen in Sachsen. Erst vor wenigen Wochen waren rechtsextreme Führungskräfte von der Küste gleich im Viererpack zu Besuch in Dresden. Erst schauten Spitzenkandidat Udo Pastörs sowie Stefan Köster (Listenplatz 4) der Landtagsfraktion in Dresden über die Schulter, dann kamen Tino Müller (Platz 2) sowie Michael Andrejewski (Platz 3). In Sachsens Sicherheitskreisen ist das Problem bekannt. "Auch wir beobachten diese Entwicklung mit Sorge", sagt Innenminister Albrecht Buttolo (CDU). "Auch wenn rechte Parteien bei den letzten Landtagswahlen immer wieder Niederlagen einstecken mussten, müssen wir aufmerksam sein."
Dabei steckt die NPD in einem Dilemma. Zwar muss sie die Fünf-Prozent-Hürde überspringen, darf aber aus taktischen Gründen nicht allzu hoch gewinnen. Als Zielmarke intern gelten kaum mehr als fünf Prozent. Denn während Pastörs oder Andrejewski noch als halbwegs gemäßigte Rechtsextreme gelten, folgen auf der Liste auch Vertreter der radikalen Kameradschaftsszene. Bevölkerten die den Schweriner Landtag, heißt es in NPD-Kreisen, sei das "ein Problem".
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