Dresdner Neuste Nachrichten vom 4.10.06
Dresden/Leipzig. Das Ausmaß der Vorwürfe gegen die NPD-Fraktion ist deutlich größer als bisher bekannt.
In den vergangenen Tagen wurde den Rechtsextremisten im Landtag vorgeworfen, mit sächsischen Steuermitteln Landtagswahlkämpfe der Partei in Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern unterstützt zu haben. Doch die Serie der Verfehlungen begann nach Informationen dieser Zeitung bereits nach der Bildung des neuen Landtages im Oktober 2004.
So war die NPD der Landtagsverwaltung schon im Januar/Februar 2005 aufgefallen, weil sie auf ihrer Internetseite für den geplanten Marsch der Jungen Landsmannschaft Ostpreußen am 13. Februar anlässlich des Gedenktages der Bombardierung Dresdens geworben und sich an Flugblättern beteiligt hatte. Dies galt als Verstoß gegen die Trennung von Fraktions- und Parteiarbeit, der Hinweis musste unverzüglich von der Webseite entfernt werden. Zuvor hatte die NPD auf den Internetseiten schon über eine andere Parteiveranstaltung berichtet.
Anlass für eine Rüge bot auch ein Flugblatt in 50 000er Auflage gegen die Pläne für ein "China-Town" in der Nähe des Leipziger Hauptbahnhofes. Auch damals hatte Landtagspräsident Erich Iltgen (CDU) den Rechnungshof über seine Bedenken informiert. Die NPD verwies dagegen darauf, sie habe das Thema auch im Landtag zur Sprache gebracht.
Insgesamt gingen in den vergangenen zwei Jahren in rund zehn Verdachtsfällen Briefe des Landtages an die NPD-Fraktion - und eine Kopie jeweils an den Rechnungshof. Landtagssprecherin Katja Ciesluk wollte keine Angaben zu den Vorwürfen machen. "Wenn wir den Verdacht haben, dass Fraktionsgelder für die Parteiarbeit zweckentfremdet wurden, schreiben wir die Fraktion an und informieren zugleich den Rechnungshof", erklärte sie. Ob jedoch die Behörde in der Vergangenheit bereits Prüfungen bei der NPD durchführte oder ob Verfahren laufen, dazu wollte der Rechnungshof gestern keine Auskunft geben. Die NPD-Fraktion verfügt über monatlich rund 111 000 Euro Steuergelder.
SPD-Fraktionschef Cornelius Weiss verlangte gestern eine bedingungslose Aufklärung der Vorwürfe. Er sei sich nicht sicher, ob die NPD-Wähler zufrieden wären, wenn sie wüssten, wie die NPD mit ihrem Geld umgeht. "Wenn es um die Durchsetzung ihrer strategischen Ziele geht, schlägt die NPD-Fraktion auch gern ihren eigenen Vorstellungen von nordischer Ehre ins Gesicht", so Weiss.
Sven Heitkamp
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