Sächsische Zeitung, 16. Februar 2007
Von Thomas Schade
Ein verärgerter Investor verkauft seine Immobilie an einen NPD-Funktionär. Nun werden Neonazis Nachbarn des sächsischen Ministerpräsidenten.
Der Schreck sitzt offenbar tief im Dresdner Rathaus. Man könne sich „zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht äußern“, hieß er gestern lapidar zu einem Immobiliendeal, der im feinen Beamtenviertel des Ortsteils Pappritz noch für Aufregung sorgen dürfte. Schon vergangenen Sommer kochte der Volkszorn hoch, als die Deutsche -Stimme, das Parteiblatt der rechtsextremistischen NPD, auf dem Acker des bayerischen Investors Wolfgang Jürgens ihr sogenanntes Pressefest abhielt. Rund 5000 Rechtsextremisten und Neonazis bevölkerten damals das Feld vor den Toren Dresdens. Beobachter beschreiben das Treffen als riesigen Devotionalienmarkt mit martialischem Rechtsrock.
Nun macht Jürgens wahr, was er mehr als einmal angekündigt hat. Er verkauft seine Grundstücke samt einer Tennishalle an einen prominenten Rechtsextremisten. Der Würzburger Uwe Meenen, stellvertretender NPD-Chef in Bayern, bestätigte gestern, dass er die Immobilie durch einen notariellen Kaufvertrag erworben habe. Den von Jürgens genannten Kaufpreis von 3,25 Millionen Euro wollte er allerdings nicht kommentieren. Nach Meenens Angaben sollen die Halle und der Acker für „politische, kulturelle und sportliche Veranstaltungen der NPD“ genutzt werden. Auch eine Bebauung sei geplant. Jürgens hatte schon vor Jahresfrist angekündigt, dass er seinen Grund an die Rechtsextremisten veräußern will. Der Deal mit der NPD sei jedoch geplatzt, da die Berliner Parteizentrale in Geldnöten steckt. Der Bundestag prüft, ob die Rechten 870000 Euro aus der Parteienfinanzierung zurückzahlen müssen.
Da erinnerte sich Jürgens offenbar an den Würzburger, mit dem er schon mal einen Grundstücksdeal angeschoben hatte. Damals, 2005, wollte er Meenen seine Tennishalle in Grafenwöhr verkaufen. Die Stadt in Bayern hatte den Handel in letzter Minute verhindert und die Halle für angeblich 300000 Euro selbst gekauft. Eine rechtsextremistische Aufmarschbasis in unmittelbarer Nachbarschaft ihres US-Militärstützpunktes schien den Stadtvätern zu riskant.
Auch im niedersächsischen Delmenhorst mussten die Stadträte vergangenes Jahr tief ins Stadtsäckel greifen, um den Verkauf eines Hotels in bester City-Lage an den Hamburger Neonazi Jürgen Rieger zu verhindern, der aus der Herberge ein nationales Schulungszentrum machen wollte.
Ob nun auch Dresden Millionen locker machen muss, um ein rechtsextremistisches Zentrum in der Nähe des Wohnsitzes von Georg Milbradt zu verhindern, ist noch unklar. Der sächsische Ministerpräsident wohnt nur etwa 500Meter Luftlinie von der Tennishalle entfernt. Dresdens Rathaussprecher Karl Schurig konnte gestern nicht sagen, ob die Stadt ein Vorkaufsrecht für die Grundstücke hat. Käufer Meenen sagt, dass alles „noch in der Schwebe“ sei.
Kaderschmiede für Neonazis
Verkäufer Wolfgang Jürgens macht kein Hehl daraus, dass er vor allem aus Frust an den NPD-Promi verkauft. Er hatte die Grundstücke in den 90er Jahren erworben, um ein „Sport- und Wellness Ressort“ zu bauen, wie er sagt. Entstanden ist aber nur eine Tennishalle und ein größeres Blockhaus, in dem er bisher lebte. Die von der Gemeinde Schönfeld-Weißig befürworteten Investitionen starben mit der Eingemeindung der Kommune nach Dresden. Vor dem NPD-Pressefest 2005 untersagte die Stadt eine öffentliche Nutzung der Tennishalle – aus brandschutztechnischen Gründen, wie es hieß. Schließlich klagte die Stadt den Bayern auch aus dem Blockhaus, weil es ursprünglich nur als Baustelleneinrichtung gebaut werden durfte. „Die haben nur versucht, mich zu verarschen“, sagt der Bayer. Er wolle nun „nichts wie weg“.
Der künftige Besitzer der Grundstücke ist kein Unbekannter in der rechtsextremistischen Szene. Der 43-jährige Verlagskaufmann Uwe Meenen gilt als bekennender Monarchist, begann seine rechtsextremistische Karriere im NPD-Jugendverband, war zwischendurch auch bei den „Republikanern“ und gründete 1994 mit anderen in Würzburg das „Deutsche Kolleg“, das sich als rechtsintellektuelles Zentrum und Kaderschmiede für Nationalisten versteht. Seit 2000 wird der Zirkel maßgeblich von dem Rechtsextremisten Horst Mahler beeinflusst.
Als Immobilienkäufer ist Meenen 2001 bereits im sachsen-anhaltinischen Bernburg aufgefallen, wo er Schloss Trebnitz aufkaufte. 2006 wollte er zudem im oberpfälzischen Cham eine ehemalige Diskothek und einen Supermarkt kaufen. Dort scheiterte er wie in Grafenwöhr, weil sich die Stadt das Vorkaufsrecht sicherte.
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