Sächsische Zeitung
Mittwoch, 19. September 2007
Nach dem peinlichen Extremismus-Forum in Cunnersdorf stellt sich die CDU hinter ihren Ortsvorsteher.
Von C. Maihoff und A. Schneider
Es war die Stunde des Ortsvorstehers Hans-Jürgen Behr (CDU). In seinem Ortschaftsrat hat er sich am Montag von SZ-Veröffentlichungen distanziert, er habe das Extremismus-Forum im Gasthof Cunnersdorf vor einer Woche selbstherrlich und im Alleingang organisiert.
Etwa 30 Rechtsextreme hatten den Mittwochabend in Cunnersdorf zu einer reinen Propaganda-Veranstaltung umgekehrt. Sie waren neben einigen Ortschaftsräten und Beobachtern die einzigen Gäste des von Behr organisierten Forums, zu dem er lediglich mittels Plakaten in Gemeindeschaukästen geladen hatte. Unter den braunen Besuchern waren Kreisvorsitzende und Funktionäre von NPD und JN in Dresden und der Sächsischen Schweiz, verurteilte Gewalttäter, Mitglieder der verbotenen Skinheads Sächsische Schweiz (SSS) und Mitarbeiter von NPD-Landtagsabgeordneten. Seit Donnerstag feiern sie ihren Auftritt im Internet als „Erfolgreiche Wortergreifung bei Podiumsdiskussion ,gegen Rechts’ in Dresden-Cunnersdorf!“
In der von allen Parteien geforderten Aussprache im Ortschaftsrat sagte Behr, ihm sei das Ausmaß des Neonazi-Auflaufs nicht klar gewesen. „Niemand hat mich informiert, mit wem ich es zu tun hatte. Ich stand da wie der Depp der Nation.“ Dann rüffelte er jedoch die Podiumsteilnehmer ab, die „Fragen der Jugendlichen“ nicht zufriedenstellend beantwortet hätten.
Den Ball flach halten?
Podiumsgast Alrik Bauer vom Landesamt für Verfassungsschutz, sagte dazu auf SZ-Anfrage: „Behr wusste Bescheid.“ Bauer habe ihn am Tag des Forums sogar zweimal informiert, dass Rechtsextremisten kommen. „Wir wussten nicht, wie viele. Überrascht hat uns dann, dass sonst kein Bürger kam.“ Zum Verlauf des Abends sagte Bauer: „Man sollte sich nicht von Leuten, die tief in der rechtsextremen Szene verknüpft sind, die Ohren vollsäuseln lassen.“
Das sieht die CDU-Mehrheit im Ortschaftsrat anders. Hans-Joachim Brauns etwa sagte, man sollte „den Ball flach halten“. Dort, wo das geschehe, verschwinde das Problem von selbst. Auch OB Lutz Vogel habe das der Bürgerinitiative „Pappritz ist bunt“ geraten. Dem widerspricht das Rathaus energisch. „Kompletter Unsinn. Man darf nicht in Hysterie verfallen, solche Dinge aber auch nicht kleinreden“, so Stadtsprecher Kai Schulz. Ortsamtsleiter und -vorsteher sollten in solchen Fällen künftig auf das Wissen der Stadtverwaltung zurückgreifen – etwa im Kriminalpräventiven Rat oder bei OB-Referent Peter Teichmüller, der im „Bündnis Dresden für Demokratie“ arbeitet.
Wird Behrs peinliches Forum für Rechtsextremisten nun zum Problem der CDU? Der Chef des Kreisverbands Dresden Lars Rohwer sagte, das Agieren des Ortsvorstehers sei zwar „unglücklich“ gewesen, Behr habe aber eine zweite Chance verdient.
Danach sieht es derzeit nicht aus. Behr sagte, nun soll sich besser die Opposition mit dem Thema befassen: „Bringen Sie doch auf die Beine, was wir nicht geschafft haben.“
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