Sächsische Zeitung
Donnerstag, 1. November 2007
Anja Oehm und Silke Tändler vom Förderverein der Grundschule Rosenthal schreiben über eine Informationsveranstaltung zum Thema Brausensteiner Mühle:
Durch die Geschehnisse um die Mühle Brausenstein ist unser Ort Rosenthal-Bielatal in die Schlagzeilen geraten, sind viele Fragen aufgetaucht. Unsere Kinder fahren dort jeden Tag mit dem Bus vorbei. Sie bekommen viel mit und stellen auch schon Fragen, auf die wir als Eltern vorbereitet sein sollten. Deshalb wollten wir als Förderverein der Grundschule in die Offensive gehen und luden zwei Mitarbeiter vom mobilen Beratungsteam, Kulturbüro Sachsen, sowie den Koordinator gegen Extremismus des Landkreises zu einer Informationsveranstaltung ein.
Am vergangenen Donnerstag trafen sich mehr als zwei Dutzend interessierte Eltern, Lehrer, die Kita-Leiterinnen, der Bürgermeister, Gemeinderäte sowie die Mitglieder unseres Fördervereins im Bielataler Gemeindesaal.
Die drei Referenten verdeutlichten den Rosenthal-Bielatalern sowie Langenhennersdorfern, mit wem sie es seit einiger Zeit zu tun haben. Keinesfalls mit offen nationalsozialistischen Parolen, sondern mit „moderaten Tönen, zivilem Auftreten und alltagsnahen Themen“. Die NPD versuche eine „geräuschlose völkische Graswurzelrevolution“ – so umschrieb einmal Jürgen Gansel, NPD-Abgeordneter im Sächsischen Landtag, die neue Strategie der Partei. Was sie nicht weniger gefährlich macht.
Auch in unserem Ort war das deutlich zu spüren, beispielsweise als sich herausstellte, dass die von einer „Bürgerinitiative pro Sächsische Schweiz“ initiierte „Schrottsammlung für unseren Kindergarten“ einen rechten Hintergrund hatte, als zum Dorfjubiläum JN-Aktivisten einen Mittelaltermarkt mitgestalteten, als eine im Ort trainierende Schwertkämpfertruppe NPD-Aktivisten den Ritterschlag erteilte.
Anerkennung erntete Bürgermeister Bernd Gottschald für seine klare Stellungnahme im Dorfblatt gegen Mühlenaktivist Schaffrath, dem er die Biedermann-Maske vom Gesicht nahm, als er daran erinnerte, dass er an dem brutalen Skinhead-Überfall auf die Geburtstagsfeier von Jugendlichen 2003 im Jugendklub „Las Vegas“ beteiligt war. Stolz ist der Bürgermeister darauf, dass mit Hilfe der Behörden ein Baustopp in der Mühle Brausenstein erwirkt wurde. Kulturbüro-Mitarbeiter Markus Kemper gab aber am Beispiel von Brand-Erbisdorf zu bedenken, dass dieser Baustopp in drei bis vier Jahren vorüber sein könnte.
Eine Mutter berichtete erregt über die komplizierte soziale Situation, die Aussichtslosigkeit, hier Arbeit zu finden, die unsere Kinder unfreiwillig aus Sachsen vertreibe. Sie erlebe selbst, wie Jugendliche in den Händen Rechter landeten und mit welcher Verzweiflung Eltern dann versuchten, sie wieder aus der Szene zu lösen.
Bei ihren Hortkindern erlebe sie noch eine klare Haltung gegen Hakenkreuzschmierereien, sagte eine Kita-Leiterin. „Wann kommt der Abrutsch?“ müsse gefragt werden. Deshalb könne nicht früh genug mit Aufklärung begonnen werden. „Jeder, der mit denen nichts am Hut hat, sollte dagegen auftreten“, mahnte ein CDU-Gemeinderat. Er zum Beispiel sage zu den Jungen und Mädchen, die er mit rechten Symbolen antreffe: „Dank Eurer Vorgänger haben meine Großeltern ihre Heimat verloren.“
Die Veranstaltung soll ein Anfang gewesen sein. An die ortsansässigen Vereine oder die Feuerwehr ergeht der Vorschlag und das Angebot, ebenfalls solche Runden zu organisieren, die so manches Aha-Erlebnis brachte.
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