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veröffentlicht am Dienstag, 29. Januar 2008, 17:37 Uhr
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NPD im Sächsischen Landtag Neues Deutschland vom 26.01.2008

Gedenkpolitik in Sachsen: Ministerin will Gesetzesänderung / »Füttern« DDR-Opfer die NPD?
Von Hendrik Lasch, Dresden

Sachsens Wissenschaftsministerin will das Gedenkstättengesetz ändern, weil NS-Opferverbände sonst nicht in die Gedenkstättenstiftung zurückkehren. Derweil gibt es Hinweise, dass DDR-Opfergruppen der NPD zuarbeiten.

Am Sonntag gedenkt der sächsische Landtag in einer Feierstunde der Opfer des Holocaust. Einer der Festredner ist Romani Rose, Präsident des Zentralrates der Sinti und Roma. Der Auftritt ist bemerkenswert. Schließlich gehört die Organisation zu den NS-Opferverbänden, die seit Anfang 2004 die Mitarbeit in der Stiftung Sächsischer Gedenkstätten verweigern. Kritisiert wird ein, wie die Gruppen im Oktober 2007 formulierten, »erinnerungspolitischer Sonderweg«, bei dem NS-Verbrechen und DDR-Unrecht gleichgesetzt würden.

Dass Rose jetzt in Dresden redet, sei ein »Vertrauensangebot«, sagt Eva-Maria Stange (SPD), die zuständige Wissenschaftsministerin; für die angestrebte Rückkehr der Verbände indes bedürfe es eines deutlichen Signals des Freistaats: Dieser müsste sein Gedenkstättengesetz ändern. »Ohne eine perspektivische Anpassung« werde eine dauerhafte Mitwirkung der Verbände, zu denen der Zentralrat der Juden, die Vertreter von Sinti und Roma sowie die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes und die Opfer der Wehrmachtsjustiz gehören, »nicht gelingen«.

Die vier Opferverbände, die gestern in Berlin erneut berieten, fordern aber mehr. Die Arbeit am Gesetz solle in dieser Legislaturperiode auch abgeschlossen werden, heißt es nach ND-Informationen in einer Erklärung. Unabdingbar sei zudem, dass es keinerlei Gleichsetzung von NS-Verbrechen und DDR-Unrecht gibt und das ersteren die Spitzenstellung in der Erinnerungspolitik eingeräumt werde. Im Beirat der Stiftung sollen die Opfergruppen getrennt arbeiten.

Schon die Frage, ob die Arbeit an der Novelle überhaupt begonnen wird, ist nach einer Debatte gestern im Landtag aber offen. Zwar drängten die LINKE, die eine Aktuelle Stunde beantragt hatte, sowie die Bündnisgrünen darauf. Der Freistaat, sagte Linksfraktionschef André Hahn, müsse die seit vier Jahren währende »geschichtspolitische Blamage« beenden; eine im Sommer 2007 beschlossene Änderung der Satzung der Stiftung sei dafür »völlig unzureichend«, ergänzte der grüne Abgeordnete Karl-Heinz Gerstenberg.

Besonders bei der CDU ist indes keine Bereitschaft zu einer Gesetzesänderung erkennbar. Ohne auf die Vorwürfe der NS-Opfer auch nur einzugehen, verteidigte deren Abgeordneter Thomas Hermsdorfer das bestehende Gesetz – und vermied dabei tunlichst jede Differenzierung zwischen den, so die gängige Sprachregelung, »Diktaturen in Deutschland«. Immerhin betonte Hermsdorfer aber, das sächsische Gesetz solle »keinesfalls als Schablone wirken für Regelungen in anderen Ländern oder gar auf Bundesebene«. Dagegen hatten CDU-Politiker die sächsische Regelung lange als Vorbild für das Gedenkstättenkonzept des Bundes bezeichnet – ein Grund dafür, dass der Streit in Sachsen mit besonderer Schärfe ausgetragen wird.

Dass Stanges Streben nach einer Novelle aus der SPD-Fraktion nicht explizit unterstützt wurde, bestärkt Hahn in seiner Kritik, diese befinde sich in einer »geschichtspolitischen Umklammerung der CDU«. SPD-Landtagsvizepräsident Gunther Hatzsch warf der LINKEN dagegen vor, die Behandlung des Themas in einer Aktuellen Debatte sei »eine Provokation und kontraproduktiv«, unter anderem, weil sie der NPD eine Steilvorlage biete. Aus diesem Grund hatte Stange vorab bei der LINKEN gebeten, die Debatte abzusetzen. Deren Abgeordneter Volker Külow erklärte aber, man habe vier Jahre auf eine öffentliche Erörterung verzichtet: »Wann wäre denn ein geeigneter Zeitpunkt?!«

Die Befürchtung, die NPD werde die Gelegenheit zu neuerlichen Entgleisungen nutzen, erwies sich indes als nur allzu berechtigt. Deren Chefideologe Jürgen Gansel diffamierte die Vereinigung der Sinti und Roma als »Zentralrat der Zigeuner« und warf diesem sowie dem Zentralrat der Juden vor, sie wollten Sachsens Gedenkstättenarbeit auf die NS-Zeit reduzieren, um Deutschland »moralisch demütigen, politisch erpressen und finanziell ausquetschen« zu können – Äußerungen, die ihm einen Ordnungsruf einbrachten.

Während die NPD die NS-Opfer diskreditiert, pflegt sie mit DDR-Opfergruppen offenbar eine gute Zusammenarbeit. Darauf deutet eine parlamentarische Anfrage des NPD-Landesvorsitzenden Winfried Petzold hin, die genaue Kenntnis interner Vorgänge in der Stiftung verrät. Mit den Details müsse die NPD von Insidern »gefüttert« worden sein, bestätigte ein Fachmann dem ND. Anknüpfungspunkte für eine Zusammenarbeit böte die Haltung zum DDR-Unrecht, das wie die Opferverbände auch die NPD scharf geißelt – in auffälligem Kontrast zu den NS-Verbrechen.


 
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