Sächsische Zeitung
Samstag, 2. Februar 2008
Der Oberbürgermeister bricht mit dem Chef der CDU-Fraktion – und muss Macht an den Stadtrat abgeben.
Von Frank Seibel
Der Machtkampf zwischen der Mehrheit des Stadtrates und Oberbürgermeister Joachim Paulick (CDU) prägte die Stadtratssitzung am Donnerstagabend. In der siebenstündigen Sitzung traten Sachthemen wie die neue Abfallgebührensatzung in den Hintergrund. Das Kräftemessen auf dem Themenfeld „Stadtreinigung“ sowie die Änderung der Hauptsatzung dominierten die Szene. Zum Schlüsselwort des Abends wurde dabei der Begriff „Vertrauen“.
Machtkampf zwischen Paulick und Hannich
Vor allem der Machtkampf zwischen CDU-Fraktionschef Michael Hannich und dem Oberbürgermeister spitzte sich extrem zu. Auslöser war ein bislang öffentlich nicht bekannter Brief von Hannich an Paulick. Darin hatte der CDU-Fraktionschef dem Oberbürgermeister vorgeworfen, in einer bestimmten Frage genauso zu argumentieren wie der rechtsextreme Landtagsabgordnete Holger Apfel (NPD). Inhaltlich ging es um die Frage, ob wichtige Fragen öffentlich oder auch nicht öffentlich diskutiert werden dürfen. Paulick lehnt immer wieder Vorberatungen, etwa im Ältestenrat, ab und verweist darauf, dass die Bürger mitbekommen müssen, wie Entscheidungen zustande kommen. Dies wird von Stadträten oft als mangelnde Bereitschaft zu Zusammenarbeit und Kompromissen gewertet. Mit einer persönlichen Erklärung beendete Paulick die Zusammenarbeit mit seinem Parteikollegen. „Ich entziehe Ihnen mein Vertrauen. Die Basis für eine Zusammenarbeit ist irreparabel zerstört“, sagte der OB.
Stadtrat setzt mehr Einfluss durch
Gegen den Willen des Oberbürgermeisters hat der Stadtrat mit großer Mehrheit Änderungen in der Hauptsatzung beschlossen. Dabei ging es erklärtermaßen darum, den Einfluss des Stadtrates zu stärken, machte Rolf Weidle (Bürger für Görlitz) deutlich. Er betonte, das Vertrauen vieler Stadträte zum OB sei stark beschädigt. Weidle warf Paulick Alleingänge und fehlende Abstimmung mit den Fraktionen vor. Die vielen Vetos gegen Ratsbeschlüsse nannte Weidle als ein Beispiel. Paulick konterte, dass er immer dann Widerspruch einlegen müsse, wenn Beschlüsse gegen geltendes Recht verstoßen. Im Ergebnis musste Paulick die Niederlage einstecken; die Satzung wurde geändert.
Wichtig ist vor allem, dass der OB den Verwaltungsausschuss um Rat fragen muss, wenn er neue Mitarbeiter einstellen oder aber Mitarbeiter befördern will. Rolf Weidle betonte, dass der Stadtrat die entscheidende Kraft in der Stadtpolitik sei – der Oberbürgermeister müsse sich dem fügen.
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