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Zeitungsartikel: Ein Nazi-Porträt an der Landtagswand
veröffentlicht am Freitag, 12. September 2008, 12:15 Uhr
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Sächsische Zeitung
Donnerstag, 11. September 2008
Von Gunnar Saft
Es ist eine eindrucksvolle Bilderreihe, die heute das renovierte und direkt am Schloßplatz gelegene Ständehaus des Dresdner Landtages ziert: die Ahnengalerie der sächsischen Landtagspräsidenten.
Darunter finden sich Politiker, die sich bei der Bürgerlichen Revolution von 1848/49 hervorgetan haben, und solche, die während der Nazi-Diktatur in einem Konzentrationslager inhaftiert waren.
Und es gibt das Bild von Kurt Walter Dönicke. Ein Mann mit hoher Stirn und in Uniform. Als einzigen Hinweis erfährt der Betrachter, dass Dönicke von Mai bis Oktober 1933 auf dem Präsidentenstuhl saß.
Jahre blieb das Porträt unbeachtet, bis es die Teilnehmer einer historischen Konferenz überrascht im Ständehaus entdeckten. Denn bei Dönicke handelt es sich um einen strammen Nazi, der 1925 und damit lange vor der Machtergreifung Hitlers in die NSDAP eintrat und dort hauptberuflich hohe Parteiämter innehatte. Vor allem war es Dönicke, der am 23. Mai 1933 einen nicht durch Wahlen legitimierten Landtag, in dem sich die NSDAP per Gesetz die Mehrheit verschafft hatte, über das Ermächtigungsgesetz abstimmen ließ. Ein Gesetz, mit dem sich auch Sachsens Parlament ganz im Sinne Hitlers selbst entmachtete. Sechs verbliebene SPD-Parlamentarier – alle anderen Oppositionsabgeordneten waren bereits verhaftet oder auf der Flucht –- ließ Dönicke an diesem Tag im Plenarsaal bedrohen und verhöhnen. Doch davon erfährt der Betrachter der Ahnengalerie nichts.
Dieser Umstand sorgt nun für Unmut. Der SPD-Abgeordnete Karl Nolle hat den Landtagspräsidenten Erich Iltgen (CDU) per Brief um Prüfung gebeten. Dönickes Porträt in der Galerie sei eine Beleidigung für alle Demokraten. Zudem bestehe die Gefahr, dass Neonazis das Bild zur eigenen Glorifizierung nutzen.
Auf Anfrage gibt sich die Landtagsverwaltung jedoch zugeknöpft. „Die Bildpräsentation wurde durch einen Historiker des Lehrstuhls für sächsische Geschichte an der TU Dresden erstellt. Der Arbeit liegt das wissenschaftliche Prinzip der historischen Vollständigkeit zu Grunde“, heißt es. Verwiesen wird zudem auf einen ausgelegten Flyer, in dem zumindest die NSDAP-Mitgliedschaft Dönickes aufgeführt ist.
Der Historiker Mike Schmeitzner vom Hannah-Arendt-Institut sieht dennoch Handlungsbedarf. „Niemand fordert hier Bilderstürmerei oder Schwarze Löcher. Aber eine Kommentierung für Besucher ist in diesem Fall sicher angebracht.“
Mehr Gespür für Dönickes Nazi-Vergangenheit zeigt man übrigens in Leipzig, wo dieser 1937/38 Oberbürgermeister war. In der Ahnengalerie der Stadt taucht Dönicke trotzdem nicht auf. Und auch in der Sächsischen Staatskanzlei hat man tunlichst darauf verzichtet, zwei frühere NSDAP-Statthalter in die Bildergalerie der sächsischen Ministerpräsidenten aufzunehmen.
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