Sächsische Zeitung, 22.11.2008
Die Innenminister von Bund und Ländern wollen prüfen, ob die staatlichen Zuschüsse für die NPD gestoppt werden können.
Von Peter Heimann, Berlin
Rund 1,45 Millionen Euro hat die rechtsextreme NPD im vergangenen Jahr aus der staatlichen Parteienfinanzierung bekommen. Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) will den öffentlichen Geldfluss trockenlegen, der sich vor allem nach Wahlergebnissen richtet.
„Dass man Feinde der Demokratie mit Steuermitteln alimentiert, muss ein Ende haben“, begründete Schünemann seinen Vorstoß. Doch die Innenminister von Bund und Ländern haben sich noch nicht entschieden, ob sie die staatlichen Zuschüsse für die NPD per Gesetz stoppen wollen. Der Vorschlag Niedersachsens für eine Grundgesetzänderung wurde bei ihrer gestrigen Herbsttagung lediglich zur Kenntnis genommen und soll nun sorgfältig geprüft werden. Die SZ analysiert Gründe und Aussichten:
Wie sich die NPD mittels Steuergeldern finanziert
Die NPD erhält jedes Jahr Steuergelder in Millionenhöhe aus der staatlichen Parteienfinanzierung. 2007 waren es 1,45 Millionen Euro. Nach Angaben Schünemanns macht das 40 Prozent der finanziellen Mittel der Partei aus. Der Rest wird im Wesentlichen aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden bestritten. Ein Verbotsverfahren gegen die NPD vor dem Bundesverfassungsgericht war 2003 geplatzt, weil sich das Beweismaterial teilweise auf Informationen von V-Leuten des Verfassungsschutzes stützte.
Wo der Hebel beim Geldfluss angesetzt werden soll
Schünemann stützt sich auf ein Gutachten des Hannoveraner Staatsrechtlers Volker Epping. Der schlägt eine Grundgesetzänderung vor. Epping: „Bei der Chancengleichheit der Parteien handelt es sich nicht um einen unberührbaren Grundsatz.“ In Artikel 21 des Grundgesetzes soll Epping zufolge zunächst die Teilfinanzierung der Parteien aus staatlichen Mitteln aufgenommen werden. Parteien sollen davon aber ausgeschlossen werden können, wenn sie gegen die Grundordnung der Bundesrepublik ausgerichtet sind. Die Entscheidung über einen Ausschluss von der Parteienfinanzierung würde der Bundestagspräsident treffen.
Was der Schritt für die NPD bedeuten würde
Es wäre ein schwerer Schlag gegen die finanziell in Bedrängnis geratene Partei. Mindestens 700000 Euro hat der langjährige NPD-Bundesschatzmeister Walter Kemna veruntreut. Teure Wahlkämpfe und wachsende Kosten des Parteiapparats schlugen negativ zu Buche. Außerdem hat eine Rückforderung in Höhe von 870000 Euro wegen fehlerhafter Rechenschaftsberichte die Bilanz belastet.
Was gegen und was für einen Erfolg der Idee spricht
In den Reaktionen auf den Vorstoß überwiegt die Skepsis. „Ich habe prinzipielle verfassungsrechtliche Bedenken gegen diesen Vorschlag“, sagte der Chef des Innenausschusses des Bundestags, Sebastian Edathy (SPD) der SZ. „Unser Grundgesetz kennt nur verbotene und nichtverbotene Parteien, aber keine halbverbotenen Parteien. Ich halte den Vorschlag für einen Placebo-Vorschlag. Wenn man die NPD für verfassungswidrig hält, muss man sie verbieten.“ Edathy: „Nicht verbotene Parteien ungleich zu behandeln, ist mit der großen Gefahr verbunden, damit in Karlsruhe Schiffbruch zu erleiden. Es entspricht auch nicht meinem Demokratieverständnis.“
Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) sagte dagegen, es sei ein „fantastischer Gedanke, die Rechtsradikalen von der Parteienfinanzierung auszuschließen“. Ob sich diese „großartige Idee“ auch umsetzen lasse, müsse man nun sehen. (mit dpa)
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