Sächsische Zeitung vom 22.01.2009
Von Alexander Schneider
Bei einer Demo von 300 Nazis wurde ein 47-Jähriger lebensbedrohlich verletzt. Der Beschuldigte steht seit gestern vor Gericht.
Seit gestern muss sich ein Neonazi aus dem Vogtland am Amtsgericht Dresden verantworten. Daniel L. (20) soll bei einer Nazi-Demo im Juni 2008 am Neustädter Bahnhof einen Mitarbeiter (47) des Ordnungsamts lebensbedrohlich verletzt haben. Laut Anklage hatte er den Uniformierten Jens U. umgestoßen und dann auf ihn eingetreten – vor allem in die Rippen und auf den Kopf. L. wurde sofort gestellt und saß zwei Monate in U-Haft.
Trotz Helm und Schutzausrüstung hatte Jens U. deutlich länger an seinen Verletzungen zu tragen. Ihm wurden mehrere Rippen gebrochen, eine durchbohrte seine Lunge. Tage musste U. in der Intensivstation behandelt werden, war Monate krankgeschrieben. Auch psychische Spätfolgen musste er erleiden: Angstzustände, Schlaflosigkeit, Albträume. Ende 2008 war U. erneut zwei Monate zur Traumabewältigung in einer Klinik.
Vor dem Jugendschöffengericht räumte der Angeklagte gestern Schläge und einen Tritt auf den Kopf des Uniformierten ein. Er behauptete, er habe sich gewehrt, weil er von hinten angegriffen worden sei – offenbar von dem Mann der Polizeibehörde. Sein Verteidiger, ein NPD-Anwalt, spricht sogar von einer Notwehr-Situation.
Ärger wegen geplatzter Fete
Jens U. dagegen sagte, er habe L. gehindert, den Platz zu verlassen. Das sei sein Auftrag gewesen. Da sei L. plötzlich auf ihn losgegangen. Ein Kollege sah, wie U. umgerissen und von L. drangsaliert wurde.
Schon lange war eine Nazi-Demo nicht so aggressiv wie an jenem 21.Juni am Bahnhof Neustadt. Dort protestierten 300 Rechtsextreme, von einem massiven Polizeiaufgebot abgesichert, gegen die Stadt, die das JN-Sommerfest auf einem Tennishallen-Areal in Pappritz untersagt hatte. Kurz: Die Fete der Jungen Nationaldemokraten (JN), einer NPD-Organisation, war ins Wasser gefallen.
Der Prozess wird fortgesetzt.
|