Sächsische Zeitung, 09.06.2009
Die Rechten holten im Landkreis 16 Sitze in den Gemeinde- und Stadträten – ein Spitzenwert in Sachsen. Wie ist es dazu gekommen?
Von Jana Klameth
Der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge bleibt eine Hochburg der NPD in Sachsen. Die rechtsextremistische Partei holte bei den Kommunalwahlen am Sonntag insgesamt 11783 Stimmen und damit 16 Sitze in den Räten (siehe Info-Kasten) – so viele wie nirgendwo sonst im Freistaat. Dennoch dürften sich die Erwartungen der NPD nicht erfüllt haben.
Der starke Aufwärtstrend
ist gestoppt
Vor fünf Jahren war die NPD nur in sechs Orten im Landkreis Sächsische Schweiz angetreten und holte zwölf Sitze. Davon konnte sie allerdings wegen der dünnen Personaldecke nur neun besetzen. Diesmal schickte sie in mehr als doppelt so vielen Orten (14) Kandidaten ins Rennen, holte aber nur fünf Sitze mehr als 2004. „In Anbetracht dessen, dass die NPD in der Region seit Mitte der 1990er-Jahre aktiv ist und Strukturen aufbaut, ist der Zuwachs eher gering“, schätzt Sebastian Reißig von der Aktion Zivilcourage ein. Er warnt vor übertriebener Panik, sagt aber auch: „Wir dürfen im gemeinsamen Engagement aller demokratischen Kräfte nicht nachlassen.“
In drei Orten hat es die NPD
nicht geschafft
Die Wahl hat gezeigt: Nicht überall, wo die NPD antritt, wird sie auch gewählt: In Dürrröhrsdorf-Dittersbach, Glashütte und Rosenthal-Bielatal haben die Rechten den Sprung in den Rat nicht geschafft. In fünf anderen Gemeinden reichten die Stimmen dagegen für einen Neueinzug. In Freital errang die NPD sogar auf Anhieb zwei Sitze.
Verluste in Orten, wo die
NPD schon länger aktiv ist
In vier Orten mussten die Rechten zum Teil empfindliche Stimmverluste hinnehmen. Am stärksten fiel der Rückgang in Königstein aus: von 21,1 Prozent im Jahr 2004 auf 8,9 Prozent. Ein Grund dürfte das Fehlen von Uwe Leichsenring sein, der 2006 tödlich verunglückt war. Dessen Lebensgefährtin Carmen Steglich vermochte ihn nicht annähernd zu ersetzen, im Stadtrat blieb die NPD seitdem praktisch stumm. Leichte Verluste gegenüber der letzten Kommunalwahl (3,2 Prozentpunkte) verbuchte die NPD auch in Reinhardtsdorf-Schöna. „In dem Ort ist viel Bewegung“, sagt Petra Schickert vom Kulturbüro Sachsen. So konnten die Einwohner z.B. unter mehr Kandidaten wählen.
Leichte STimmengewinne
Gibt es nur in Pirna
In Sebnitz und Struppen hat sich im Vergleich zu 2004 kaum etwas verändert. Leichte Stimmengewinne für die NPD gab es dagegen in Pirna. Das überrascht Beobachter, wird doch gerade in Pirna viel für Demokratie und Toleranz getan – die Stadt beschäftigt zum Beispiel einen Koordinator gegen Extremismus.
Viele Stimmen für
bekannte Namen
Kommunalwahlen sind Personenwahlen – das zeigt sich auch bei den NPD-Ergebnissen. In Reinhardtsdorf-Schöna erhielt Klempnermeister Michael Jacobi 405 Stimmen – so viele wie kein anderer Kandidat im Ort. In Sebnitz bekam der Landtagsabgeordnete Johannes Müller 1116 Stimmen. Einen Namen – wenn auch unrühmlichen – hat sich auch MartinSchaffrath gemacht. Er gehörte der 2001 verbotenen SSS an, ist für sein aggressives Auftreten bekannt. Viele Stolpener wählten ihn trotzdem – oder gerade deswegen? Unklar ist auch, warum der aus Nordrhein-Westfalen stammende Olaf Rose in Pirna 972 Stimmen erhielt. Für sein Engagement in der Kreisstadt wären das 972 Stimmen zu viel. Offenbar zog auch hier der Name.
Rätselraten, wie sich der
Einzug der NPD auswirken wird
In Bad Schandau, Dippoldiswalde, Freital, Rathmannsdorf und Stolpen wird man es in den nächsten Monaten erstmals mit rechtsextremen Räten zu tun haben. „Wir bieten dabei unsere Hilfe an“, sagt Petra Schickert. Das Kulturbüro will gemeinsam mit der Aktion Zivilcourage, Pro Jugend und Jugendland über die NPD informieren, die „eben keine Partei wie alle anderen ist, sondern außerhalb des demokratischen Spektrums steht“, sagt Petra Schickert. Außerdem sollen die Erfahrungen weitergegeben werden, die man zum Beispiel im Pirnaer Stadtrat beim Umgang mit der NPD gesammelt hat.
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