Von Carla Mattern

Schwer liegt die rote Mappe auf dem Tisch des Görlitzer Bürgermeisters Michael Wieler. Etwa 1000Reaktionen sind darin gesammelt. In E-Mails, Briefen und auf Unterschriftenlisten protestierten Menschen gegen die polenfeindlichen Plakate der NPD, mit der diese in Görlitz Wahlwerbung betrieb.

Görlitzer und Einwohner des Landkreises, Leute aus der Oberlausitz und aus ganz Deutschland erhoben ihre Stimme und schrieben an das Görlitzer Rathaus. Seit gestern liegen auch die Görlitzer Lokalausgaben der Sächsischen Zeitung in der Mappe des Bürgermeisters. Mehr als 300 Leute protestierten in der SZ mit ihrem Foto und ihrem Namen gegen die Hetzplakate. Weitere schrieben Briefe oder E-Mails, äußerten auch ohne Foto ihre Empörung gegen die ausländerfeindlichen Parolen der NPD.

Petra Rudolph, Geschäftsführerin der Sächsischen Zeitung in Görlitz, übergab gestern die Zeitungs-Seiten „Wir zeigen Gesicht gegen polenfeindliche Hetze“ an Michael Wieler.

Die Meinungsäußerungen werden nicht in einem Schub im Rathaus liegen bleiben. Der Bürgermeister wird mit diesem imposanten Bekenntnis der Görlitzer im Gepäck zunächst einmal an Juristen des Freistaates herantreten und sie bitten, die rechtliche Situation zu beurteilen.

Zur Erinnerung: Die Anzeigen von Bürgern gegen die polenfeindlichen Plakate liefen ins Leere, weil Paragraph 180, der sich mit Volksverhetzung beschäftigt, nicht griff. Das bestätigte sogar die Generalstaatsanwaltschaft. Dieser Paragraph stammt allerdings aus der Weimarer Republik. Er müsste neu betrachtet werden, so Wieler, und aus der aktuellen europäischen und globalen Perspektive begutachtet und geändert werden.