Rechtsextreme machen aus ihrer Tagung in Chemnitz ein Geheimnis.
Artikel aus "Freie Presse" vom 27.06.2005. Von Alessandro Peduto
Chemnitz. Es ist ein bisschen wie Schnitzeljagd. Der Ort, an dem die rechtsextremistische NPD in Sachsen ihren Landesparteitag abhalten will, bleibt zunächst ein Geheimnis. Klar ist nur: Er findet am Samstag irgendwo in Chemnitz statt. Genaueres weiß man nicht. Eine Partei, die über zwölf Sitze im Dresdner Landtag verfügt, will den Veranstaltungsort erst kurz vor Beginn ihres Treffens bekannt geben - "aus Sicherheitsgründen", wie es heißt. Per Anruf beim Pressesprecher erfährt man gegen 10 Uhr vormittags, wo genau sich die sächsischen NPDler samt ihrem Bundeschef Udo Voigt und dem Vorsitzenden der rechtsextremen DVU, Gerhard Frey, treffen.
Am Kulturhaus des Chemnitzer Stadtteils Grüna stehen etwa 30 Demonstranten auf der gegenüberliegenden Straßenseite, vornehmlich Grüne, Jusos und Leute von der PDS. Sie haben alle in letzter Minute erfahren, dass hier das Treffen der Rechten stattfindet. Auch die PDS-Kreisvorsitzende Christina Pastor demonstriert mit drei Freunden gegen den NPD-Parteitag. "Wir wollen zeigen, dass die in Grüna nicht willkommen sind", sagt sie. Für die Wirte des Kulturhauses hat sie nichts Positives übrig. Das seien zwar rechtschaffene Leute, aber das mit der NPD gehe zu weit. "Die denken eben auch, Geld stinkt nicht", findet Pastor. Von der PDS hätten dort auch schon Veranstaltungen stattgefunden, aber in Zukunft werde ihre Partei da "zurückhaltender sein".
Im Foyer des Kulturhauses kündet eine Fotowand von Veranstaltungen, die hier schon stattgefunden haben, Schlachtfeste, Faschingsfeiern, Kinderpartys und ein Operettenball. Heute sitzen in dem stickigen, abgedunkelten Saal vornehmlich schwarz-weiß gekleidete Männer und vereinzelt ein paar Frauen. Die rund 60 Delegierten blicken wechselweise auf die Speisekarte, die unter anderem Schweinebraten mit Sauerkraut und Knödeln verheißt, und zur Bühne, über der eine staubige Disco-Kugel hängt und auf der später Voigt, Frey und andere gegen die etablierten Parteien wettern werden.
Die Betreiber vom Asia-Imbiss gegenüber dem Kulturhaus haben am Morgen von Demonstranten erfahren, dass die NPD kommt. Sie hätten ein "bisschen Angst", gesteht das Paar, das aus Vietnam stammt. Auch in Grüna hat sich erst im Lauf des Tages herumgesprochen, dass die NPD kommt. "Wir wussten nichts", sagt ein Anwohner. Ihm wäre es lieber gewesen, der Parteitag hätte woanders stattgefunden, "oder am besten gar nicht". (ddp)
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