Auch die NPD leidet unter dem Neuwahlszenario.
Artikel von "rbi - aktuell" vom 27.06.2005. Von Charly Kneffel
Leicht zu finden sind Parteitage der NPD Heutzutage nicht mehr. Kein Wunder: kommen doch zu diesen Veranstaltungen regelmäßig Gäste, auf deren Erscheinen die wieder erstarkte Rechtspartei nur begrenzt Wert legt. Doch ganz auf Schlagzeilen verzichten will man auch nicht, und so werden Journalisten immer noch - auf dem letzten Drücker - über das Ereignis informiert. Am Sonntag hatte die NPD wieder so einen Event. Im sächsischen Grüna (nahe Chemnitz) traf sich die sächsische NPD, um sich auf den Bundestagswahlkampf vorzubereiten und eine Landesliste für diese Wahl, von der man immer noch weiß, ob sie überhaupt stattfinden wird, aufzustellen.
Bis vor kurzem war die NPD nach einem Achtungswahlerfolg im Saarland und dann dem spektakulären Einzug in den sächsischen Landtag noch sehr zuversichtlich gewesen über ihre Erfolgchancen für einen Einzug in den Bundestag - zumindest gab sie sich zuversichtlich - doch nach einigen Rückschlägen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen sind die Töne deutlich realistischer geworden. Auch das anvisierte Wahlbündnis mit der DVU, in das andererseits die "freien Kameradschaften" eingebunden werden sollen, gilt jetzt nicht mehr als Wundermittel, zumal die gleichzeitig stattfindende Diskussion über ein anderes Wahlbündnis links die juristischen Schwierigkeiten, die damit möglicherweise zusammenhängen, deutlich gemacht hat. Immerhin 11 Kandidaten hat man der DVU des Münchner Verlegers Dr. Gerhard Frey bundesweit zugestanden, was sicher noch der Überprüfung durch die Wahlausschüsse bedarf.
Überhaupt hatte es dieses Linksbündnis, das ebenso wenig fest steht wie die gesamte Wahl, den NPD-Verantwortlichen angetan. NPD-Chef benannte die WASG offen als "Hauptgegner". Zuvor hatte er schon mit der offensichtlich diskreditierend gemeinten Aussage, NPD-Mitglieder und solche aus den "Kameradschaften" seien aufgefordert, der WASG beizutreten und dort "nationale Parolen" festzuschreiben, für das erwünschte Aufsehen gesorgt und die in solchen Fällen übliche Disstanzireritis ausgelöst, die in der Regel nur zu weiterem Nachbohren führt. Doch die Sorgen des NPD-Chefs sind nicht unbegründet, war doch bislang offensichtlich, daß bei weitem nicht alle NPD-Wähler überzeugte Neofaschisten waren, sondern viele auch einfach gegen das Parteienkartell protestieren wollten, wobei sie instinktsicher spürten, daß Wahlerfolge der NPD den Etablierten am meisten - jedenfalls öffentlich - gegen den Strich gehen würden. Jetzt könnte der NPD in Gestalt der Linkspartei eine gefährliche Konkurrenz entstehen, die sie wieder in das faschistische Ghetto zurücktreibt. Eine Option übrigens, die einigen NPD-Funktionären offensichtlich gar nicht so unangenehm ist, wie man unter der Hand erfahren konnte.
Ansonsten blieben die Wahlparolen die, die man von der NPD kennt. Zurückdrängen der Zuwanderung von Ausländern und gezielte Rückführung derselben, Ablehnung der EU-Integration und Wiedereinführung der D-Mark, Todesstrafe für Kindermörder, dazu die üblichen sozialen Forderungen, mit der sich die NPD zuweilen auch für Linkswähler attraktiv zu machen sucht. Diese Zielgruppe wurde von Voigt auch deutlich angesprochen, wobei er mit seiner Einschätzung, daß zwischen dem, was in der offiziellen linken Szene diskutiert wird und dem, was viele Linke denken, ein großer Unterschied besteht, durchaus recht haben dürfte. Schwer dürfte es allerdings werden, mit dem Personal und den Parolen, die die NPD anzubieten hat, wirksam in dieses Spektrum einzudringen.
Eine Landesliste wurde auch gewählt, anführen wird sie der sächsische Fraktionsvorsitzende Holger Apfel, während der Landesvorsitzende Winfried Petzold Rang Drei belegte. Interessant wurde der Platz Zwei besetzt mit einem alten Bekannten der faschistischen Bewegung. Hier bekam die DVU ihren "Quotenplatz" zugestanden. Gewählt wurde Harald Neubauer, in den 70er Jahren bereits einmal Mitglied der NPD, später Mitarbeiter bei Frey, dann, als Franz Schönhuber seine großen Wahlerfolge feierte, zeitweilig Generalsekretär der Republikaner, bis selbiger Schönhuber im Zuge der "Intellektualisierung" seiner Partei und seiner Wiederannäherung an den rechtskonservativen Mainstream den "harten" Flügel um Neubauer und Glasauer herauswarf und mit der Karriereförderung für Rolf Schlierer sich schließlich selbst entmachtete. Neubauer ist z.Zt. noch als Mitherausgeber der faschistischen Monatszeitschrift "Nation und Europa" aktiv.
Außerdem will die NPD noch versuchen, die Teilnahme ihrer Politiker an den einschlägigen Talkshows gerichtlich zu erzwingen. Doch den Gefallen werden ihr weder die Fernsehanstalten noch die Gerichte tun.
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