Sächsische Zeitung vom 26.05.2010
Von Wulf Stibenz
Den kennt ja hier kaum einer. Das sagt Wolfgang Fietze, Bürgermeister von Kreba-Neudorf, zu Tom Waurig. Und tatsächlich, der junge Initiator einer Arbeitsgruppe für Demokratie, Toleranz und gegen einen Rechtsruck lebt in Dresden. Da er jedoch gebürtiger Krebaer ist, Politikwissenschaft studiert und bei der Initiative Aktion Zivilcourage mitmischt, will er das hohe Wahlergebnis der NPD in der Gemeinde nicht einfach so stehen lassen. „Das Thema Rechtsradikalismus ist in den vergangenen Jahren totgeschwiegen worden“, sagt Waurig. Das sei falsch und müsse sich ändern. Mit Info-Veranstaltungen, Foren und einem mobilen Beratungsteam vor Ort sollen die Argumente für Demokratie und gegen Rechts auf den Tisch kommen.
An die Leute rankommen
Aktiv werden ist ein Plan – bleibt das Problem der Organisation. Und die geht ohne Bekanntheit nicht. Deshalb hat sich Waurig den Räten der Gemeinde vorgestellt. Zudem hat er sich der Unterstützung des „Demokratienetzwerkes Niesky“, des „Jugendrings Oberlausitz“ und des „Kulturbüros Sachsen“ versichert. Die alle braucht er, um die Leute vor Ort zu erreichen. „Wir müssen den Menschen erstmal zeigen, dass es hier ein Problem gibt“, sagt er. Dann lässt sich darüber reden, warum es zu einem Wahlergebnis von über 15 Prozent für die NPD in Kreba-Neudorf gekommen – und was dagegen zu tun ist.
Hinter verschlossenen Türen
Die erste „Weiterbildung“ der Engagierten hat stattgefunden – ohne die Öffentlichkeit. Die Essenz ist schwer zu fassen: präventive Maßnahmen, Sensibilität für das Thema und Stärkung von Demokratie sind erstmal nur große Worte. Ohne die Menschen, die aktiv werden, bringt das wenig. „Offenheit und Wissensvermittlung sind das Wichtigste“, sagt deshalb Bürgermeister Fietze. Er erwartet mit Spannung die für Sommer angekündigten Aktionen. „Mir wäre es aber wichtig, dass Extremismus in jeder Form thematisiert wird“, sagt er. Der alleinige Fokus auf die NPD reiche ihm nicht.
In Kreba-Neudorf hat die NPD immerhin 15,7 Prozent abgeräumt. In Klitten, Rothenburg, Mücka und Weißwasser haben die Wahlergebnisse der Landtags- und Kommunalwahlen ebenfalls für Erstaunen gesorgt. Nach der ersten Aufregung ist es in Weißwasser um den NPD-Stadtrat still geworden. Ebenso in Rothenburg. Hier fehlt der NPD- Mann häufiger bei den Sitzungen des Gremiums.
Im Dorf läuft es etwas anders
In den Dörfern ist das Thema jedoch präsent, sagt Eduard Luhmann, Klittens Ortsvorsteher. Auch hier hat die NPD gepunktet. Aber im Gegensatz zu Kreba setzt Luhmann wenig auf Foren, Diskussionen und Hilfe aus Dresden – sondern auf Arbeit mit Jugendlichen. „Die kirchlichen Vereine, der Jugendclub, die Feuerwehr oder die Sportler holen die Jugend ab“, sagt Luhmann. Das sei die beste Form der Integration. „Vorbilder und Verantwortung benötigen die jungen Leute, dann haben platte Parolen keine Chance.“ Dass die AG für Demokratie in Kreba-Neudorf Erfolge feiert, glaubt Luhmann noch nicht – auch „wenn ich es wünsche würde.“ Er wisse um viele engagierten Kreba-Neudorfer. „Aber da müsste die AG in die Öffentlichkeit und die Vereine einbinden – denn hinter verschlossenen Türen hat Demokratie noch nie Erfolge gefeiert.“
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